(ots) - Bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Westafrika
gerät die Weltgesundheitsorganisation WHO zunehmend in die Kritik.
Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" hatte schon zu Beginn des
Ausbruchs gewarnt, dass ein stärkeres und schnelleres Eingreifen der
Weltgemeinschaft nötig sei. Die WHO-Beraterin und Infektionsexpertin
Petra Dickmann spricht dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz"
gegenüber von Fehlern, die gemacht worden seien. "'Ärzte ohne
Grenzen' sind vor Ort und haben viel Erfahrung vor Ort. Die haben
lange gesagt: Hier passiert etwas, was nicht normal ist. Das ist
etwas, was wir vorher nicht erlebt haben. Die haben lange schon die
Trommel geschlagen. Wir haben ihnen zu spät zugehört. Und ich denke,
dass die internationale Gemeinschaft und auch die
Weltgesundheitsorganisation sehr spät darauf reagiert hat", so Petra
Dickmann. Die Infektionsexpertin ist als selbständige Beraterin auch
für die WHO tätig ist und arbeitet an Konzepten zum Umgang mit
Epidemien wie Ebola.
Zudem sagte die Beraterin im Interview mit "Report Mainz", die WHO
und andere Organisationen hätten nach einigen Wochen sogar wieder
Kapazitäten abgezogen: "Man hat also relativ zügig wieder Personal
abgezogen. Und das war mit Sicherheit ein Fehler. Ein weiterer Punkt
ist, dass die Koordination vor Ort - glaube ich - auch nicht
besonders gut läuft."
Diese Kritik äußert auch der Geschäftsführer von "Ärzte ohne
Grenzen Deutschland", Florian Westphal, im Interview mit "Report
Mainz": "Ich glaube, dass es im internationalen System an einer
effektiven Koordinierung mangelt. Es mangelt an der Rolle der WHO,
die dazu imstande sein müsste. Und man muss auch sagen, es mangelt
bis jetzt noch wirklich an dem deutlichen Willen der Staaten, vor
allem auch der westlichen Staaten, die Mittel hätten, die Experten
hätten, diese wirklich auch zur Verfügung zu stellen. "
Der erst vor wenigen Wochen vom Ebola-Einsatz zurückgekehrte Arzt
Thomas Kratz berichtet "Report Mainz", dass er am Anfang alleine ohne
Unterstützung der WHO ein Behandlungszentrum aufbauen musste: "Es
waren am Anfang gar keine WHO-Mitarbeiter da. Ich war mit vier
anderen Mitarbeitern von 'Ärzte ohne Grenzen' da, sonst niemandem,
mit einer Situation, mit der wir völlig überfordert waren."
Ein Sprecher der WHO sagte im Interview mit "Report Mainz" zu den
Vorwürfen: "Es geht nicht darum, mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Wir sollten schauen, was jetzt passieren kann, um die Epidemie
einzudämmen." Auf Anfrage bestätigte die WHO aber, dass vor Ausbruch
der Epidemie mehrere Personalstellen im zuständigen WHO-Regionalbüro
in Afrika gestrichen wurden.
Das für Nothilfe zuständige Auswärtige Amt teilte mit, es habe
einen Krisenstab eingerichtet, der sich mit der Epidemie beschäftige.
Zudem habe man 1,15 Mio. Euro Hilfsgelder angewiesen. "Ärzte ohne
Grenzen" beklagt jedoch, dass es weniger an Geld, sondern vielmehr an
Experten und Equipment fehle.
René Gottschalk, einer der weltweit führenden Ebola-Experten und
Leiter des Gesundheitsamtes Frankfurt am Main, fordert "Report Mainz"
gegenüber neue Strukturen im Kampf gegen solche Epidemien: "Wir
brauchen neue Strukturen, um diesen armen Menschen helfen zu können,
diesen armen Ländern helfen zu können. Sie müssen erst mal genügend
Personal haben, das auch in der Lage ist, akut und schnell in die
Krisenregionen zu gelangen. Sie brauchen Laboratorien, die
transportabel sind, sie brauchen gegebenenfalls sogar mobile
Hospitäler."
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei.
Pressekontakt: "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351.