PresseKat - Westfalen-Blatt: zum Krisenherd Naher Osten

Westfalen-Blatt: zum Krisenherd Naher Osten

ID: 1113482

(ots) - Der »arabische FrĂŒhling« weckte 2011 große
Hoffnungen auf Demokratie und StabilitÀt im Nahen und Mittleren
Osten. Nach dem Ende der Diktatoren Saddam Hussein im Irak, Muammar
al-Gaddafi in Libyen und Husni Mubarak in Ägypten sollten
UnterdrĂŒckung und Korruption durch Freiheit, Mitbestimmung und eine
unabhÀngige Justiz ersetzt werden. Und wie sieht es im September 2014
tatsÀchlich aus? Verheerend! Nirgends gibt es so viele Krisenherde,
nirgends herrscht so viel Chaos, nirgends sonst bekÀmpfen sich
Volksgruppen und Religionsgemeinschaften wie Schiiten und Sunniten so
erbittert. Zwar wurde in Tunesien beim Aufruhr frustrierter, junger
Menschen vor gut drei Jahren der Diktator Zine el-Abidine Ben Ali
weggejagt, aber in Syrien ist Baschar al-Assad weiter an der Macht
und in Ägypten regiert der General Abdel Fattah al-Sisi mit harter
Hand. Warum klappt es nicht mit der Demokratie? Warum bietet nur
Israel seiner Bevölkerung wirkliche politische Mitbestimmung und
wirtschaftliche Freiheit? Weil die allermeisten LĂ€nder im Nahen Osten
nicht aus Traditionen herausfinden, die wie Fesseln wirken und den
Weg in die Moderne verbauen. StÀmme und Clans bestimmen die
Geschicke, sie schanzen ihren Mitgliedern Einfluss und Wohlstand zu
und bekĂ€mpfen sich ansonsten. In LĂ€ndern wie dem Jemen, Ägypten,
Libyen und Syrien herrschen Vetternwirtschaft und Korruption,
lukrative Jobs werden nicht nach Eignung, sondern aufgrund von
Beziehungen vergeben. Als »tribes with flags«, als StÀmme mit
Flaggen, werden diese LĂ€nder oft gekennzeichnet. In ihnen herrscht
zudem ein abstruser Personenkult. Muammar al-Gaddafi mit seinen
lĂ€cherlichen Uniformen war ein groteskes Beispiel dafĂŒr, dass
vermeintlich starke MĂ€nner angehimmelt werden wollen. Hinzu kommt:
Die LĂ€nder haben nur wenig oder keine Erfahrung mit Demokratie. Das
galt auch fĂŒr das Nachkriegsdeutschland. Die Demokratie in der




Weimarer Republik scheiterte an den Hypotheken des Ersten Weltkriegs,
Massenarbeitslosigkeit und der Gewalt von Nazis und Kommunisten. Nach
Hitlers Ende stieß die von Amerikanern und Briten von außen gebrachte
Demokratie auf eine von der Diktatur geheilte Bevölkerung. Die
Deutschen wollten Frieden und Sicherheit und begrĂŒĂŸten die
Demokratie, weil mit ihr eine positive wirtschaftliche Entwicklung
einsetzte. Heute ist sie selbstverstÀndlich. Im Nahen Osten wirkt
Demokratie vor allem auf junge Araber verlockend, die mitbestimmen,
eine gute Ausbildung und gleiche Rechte wollen, aber die breite Masse
möchte vor allem Ruhe und Brot. Welche Herrschaftsform das
sicherstellt, ist fĂŒr sie zweitrangig. Dabei ist unstrittig:
Demokratie, also politische Teilhabe und freie wirtschaftliche
BetÀtigung, machen aus armen LÀndern wohlhabende. Solange im Nahen
Osten aber weiter die Clans regieren und Religionsgruppen sich
bekriegen, bleibt es eine Region des Scheiterns.



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Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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GĂ€ste im ARD-Morgenmagazin Stuttgarter Nachrichten: Leitartikel zu Freihandelsabkommen
Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 25.09.2014 - 21:00 Uhr
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