(ots) - Die Wahrheit tut manchmal weh, wenn man ihr ins
ungeschminkte Antlitz sieht. Also Augen zu und durch - oder hier ein
bisschen Rouge und dort ein bisschen Puder, um den Anblick
erträglicher zu machen. Werders Trainer, Werders Profis und auch
viele, viele Fans haben gestern tief in den Schminktopf gegriffen, um
der düsteren Gegenwart noch eine schöne Seite abzugewinnen. Das ist
Realitätsverweigerung. Werder ist Schlusslicht der
Fußball-Bundesliga, nach sieben Spieltagen immer noch sieglos und
selbst der Konkurrenz aus Freiburg fußballerisch unterlegen. Die
Perspektive? Bescheiden. Weshalb sich Verantwortliche schon jetzt,
nach gerade mal einem Fünftel der Saison, in Durchhalteparolen
flüchten. Robin Dutt zum Beispiel. Der Tabellenplatz habe
"nullkommanull mit unserer Leistung zu tun", hat der Cheftrainer
gestern gesagt. Ja bitte, womit denn dann? Mit fehlendem Glück etwa?
Und dann kam auch noch Pech dazu? Zur Erinnerung: In drei von vier
Spielen, die unentschieden endeten, durften sich die Bremer überhaupt
noch zu einem Remis kämpfen, weil die Gegner zuvor den Sack
schlichtweg nicht zugemacht hatten. Nein, Ursache ist die mangelhafte
sportliche Qualität des Kaders - er scheint nur bedingt
erstligatauglich zu sein. Ablesbar ist das an vielen kleinen und
großen individuellen Fehlern, die sich im Laufe einer Partie
summieren und irgendwann - mit erwartbarer Zwangsläufigkeit - vom
Gegner bestraft werden. Dutt muss damit leben, einen Vorwurf kann man
ihm aus der Besetzung des Kaders kaum konstruieren. Für mehr war eben
kein Geld da, und so taumelt Werder durch die Liga. Nur schönreden
sollte weder er noch sonst wer die Bremer Situation. Werder steht -
und das soll an dieser Stelle keine Schwarzmalerei, sondern eine
nüchterne Feststellung sein - kurz vor dem Abgrund. Das an sich ist
schon schlimm genug. Aber wer glaubt, mit dem letzten Platz wäre das
Ende des seit Jahren währenden Schreckens nun endlich erreicht, der
irrt womöglich gewaltig. Ein Absturz in die Zweitklassigkeit wäre für
Werder angesichts der eigenen wirtschaftlichen Lage
existenzbedrohend. Das ist die ungeschminkte Wahrheit.
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