(ots) - Der Streikforscher Dr. Heiner Dribbusch von der
Hans-Böckler-Stiftung warnt vor überzogener Aufregung über die
Streiks bei Bahn und Lufthansa. Im Interview mit der in Berlin
erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Wochenendausgabe)
tritt er dem Eindruck entgegen, dass in Deutschland in jüngster Zeit
mehr und heftiger gestreikt werde: "Gerade bei Bahn und Lufthansa
wird über einen längeren Zeitraum betrachtet eher selten gestreikt",
so Dribbusch. Der Wissenschaftler vom Referat Tarif- und
Gewerkschaftspolitik in der den DGB-Gewerkschaften nahe stehenden
Stiftung tritt ferner Vorwürfen entgegen, die nicht im DGB
organisierte Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer strebe Vorteile
zu Lasten anderen Beschäftigtengruppen an. Es sei nicht zu erkennen,
"dass ein Abschluss bei den Lokführern oder Piloten zu niedrigeren
Abschlüssen in anderen Bereichen geführt hätte", sagt er gegenüber
"nd". Gleichwohl sei es "besser, wenn Gewerkschaften gemeinsam und
nicht getrennt mit den Unternehmen verhandeln". Doch fehle dazu
besonders bei der Bahn momentan die Grundlage. Seiner Einschätzung
zufolge gehe es Bahn und Lufthansa auch nicht nur um einheitliche
Tarifstandards, wenn sie gegen Spartengewerkschaften wie die GDL oder
die Pilotenvereinigung Cockpit eine harte Linie verfolgen: "Es ist
auch nicht so, dass sie nicht mit zwei Gewerkschaften in einem
Betrieb leben könnten. Mir scheint vielmehr, dass es Bahn und
Lufthansa auch darum geht, durch Eskalation Druck auf den Gesetzgeber
zu machen, damit letztlich das Streikrecht insgesamt eingeschränkt
wird." Ein Gesetz zur "Tarifeinheit", nach dem in jedem betrieb nur
eine Gewerkschaft mit den Arbeitgebern verhandeln dürfte, wäre
Dribbusch zufolge "auf alle Fälle ein gravierender Eingriff in
Gewerkschaftsrechte"; es sei "sehr fraglich", ob ein solches Gesetz
"von der Verfassung gedeckt" wäre.
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