(ots) - Der Durchbruch am Verhandlungstisch hat Gewicht.
Gerade weil es nicht nur um Gas-Lieferungen zwischen den beiden
Energiekonzernen Gazprom und Naftogaz ging. Denn der Preis für den
wichtigen Brennstoff gehörte zum Arsenal der Mittel, zu denen Moskau
nach der Hinwendung der Ukraine zum Westen gegriffen hat. Und man
wollte damit nicht nur Kiew treffen. So wie Moskau das
abgewirtschaftete Land bis dahin alimentiert hatte, sollte nun der
Westen zu spüren bekommen, dass teure Freunde einem wirklich teuer zu
stehen kommen können. Man griff zu einem politischen Preis für den
dringend benötigten Rohstoff, weil man wusste, dass weder die EU noch
die Ukraine eine Alternative haben würden. Und tatsächlich wäre Kiew
ohne seine neuen Freunde im Westen und ihre finanziellen Hilfen nicht
in der Lage, diesen Winter zu überleben. Auch wenn in Brüssel gerne
anderes behauptet wird: Sowohl die Union wie auch die internationale
Gemeinschaft werden über den Währungsfonds zur Kasse gebeten. Und es
wird nicht das letzte Mal sein. Genau genommen durchkreuzt Europa als
Gazprom-Kunde damit seine eigenen politischen Pläne. Denn man hatte
sich auf verschärfte Sanktionen verständigt, um die russische
Wirtschaft samt ihren Präsidenten Wladimir Putin in die Knie zu
zwingen. Das ist durchaus gelungen: Der Energie-Riese braucht
dringend frisches Geld, Experten gehen von rund vier Milliarden Euro
im laufenden Jahr aus. Diese Lücke schließt man nun - mit Geld der
Ukraine und mit Subventionen aus den Kassen des Westens. Wenn es
nicht so pathetisch klingen würde, möchte man gerne an den oft
zitierten Satz erinnern: Russland und Europa brauchen einander. Wie
sehr dies der Fall ist, haben diese Verhandlungen gezeigt.Ob diese
Einigung am Verhandlungstisch bereits als Signal für ein langsam
wieder beginnendes Tauwetter reicht, muss sich erst noch zeigen.
Moskau macht es dem Westen derzeit nicht leicht, wieder Vertrauen zu
fassen. Militär-Jets über Europa, die wachsende Polemik
erzkonservativer Kreise in Moskau, die nicht enden wollende Reihe von
Absagen von politischen Treffen auf allen Ebenen - so kittet man kein
Porzellan, das in den zurückliegenden Monaten massenweise zerschlagen
wurde. Der Durchbruch ist gut, aber ein Tropfen reicht halt nicht, um
einen heißen Stein wieder abzukühlen. Dennoch könnte es sein, dass
der Ball nun wieder in der Spielhälfte der Europäer liegt. Sie haben
Moskau immer wieder versprochen, ihre Sanktionen so schnell wie
möglich aufheben zu wollen. Zwei Mal wurden die Strafmaßnahmen
bereits überprüft und aufrecht gehalten. Die Einigung im Gas-Streit
ist gewichtig genug, um in die nächste Bilanz der EU einzufließen.
Denn wenn der Streit um diesen Rohstoff immer auch eine politische
Auseinandersetzung war, muss es auch die Verständigung sein.
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