(ots) - Hagen Strauß
politik(at)wz-plus.de Joachim Gauck ist kein Freund der Linkspartei,
das ist bekannt. Genauso wenig ist die Linke ein Anhänger des
Präsidenten. Beides überrascht nicht, wenn man Gaucks ostdeutsche
Biografie und die Entstehungsgeschichte der Linkspartei
gegenüberstellt. Da wächst nichts mehr zusammen, weil nichts zusammen
gehört. Insofern hat der Bundespräsident seine eigene Sicht auf die
Linke. Die hat er jetzt formuliert. Nicht polternd. Sondern wie es
seine Art ist: nachdenklich. Das machen Gaucks Anmerkungen aber nicht
besser. Wer in der DDR aufgewachsen ist, der wird wirklich ein
Problem damit haben, dass erstmals ein Politiker der Linken
Ministerpräsident werden soll. Denn schaut man sich die Partei
genauer an, so ist sie sie nun mal auch ein Sammelsurium von
DDR-Nostalgikern und Altkadern, von enttäuschten Sozialisten,
kommunistischen Klassenkämpfern und linker Militanz. Aus dieser
Erkenntnis und seinen biografischen Erfahrungen speist sich Gaucks
persönliche Abneigung. Die darf er haben, wie viele andere auch. Doch
als Präsident sollte er diesen Gemütszustand für sich behalten. Gauck
muss überparteilich sein. Er darf Anstöße geben und sich auch in
Debatten einmischen, aber bitteschön nicht parteipolitischen Einfluss
nehmen wollen. Auch wenn seine Worte eher wie ein emotional
geleitetes Geständnis wirken, so hat Gauck doch eine Linie
überschritten. Ob gewollt oder nicht, mischt er sich in die
Regierungsbildung in Thüringen ein. Denn dort läuft eine
Mitgliederbefragung der SPD. Die Sozialdemokraten im Freistaat sollen
entscheiden, ob sie die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen und
damit eine Regierung mit Linke und Grüne befürworten. Das ist das
heikle an Gaucks Anmerkungen. Je länger er im Amt ist, desto häufiger
scheint Gauck sich und seine Rolle zu überschätzen. Zuletzt klang er
bei der Bewertung des Ukraine-Konfliktes martialischer als jeder
Tagespolitiker. Und in Fragen der Sicherheit lässt Gauck fast keine
Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, dass Deutschland mehr
Verantwortung übernehmen muss. Klare Worte eines Präsidenten sind
wichtig. Genauso wichtig ist, dass er sie besonders überlegt. Den
Eindruck hat man derzeit bei Gauck nicht.
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