PresseKat - Mittelbayerische Zeitung: Vaterlandsloser Gesell / Vielleicht ist der neueste Streik der GDL maßlos

Mittelbayerische Zeitung: Vaterlandsloser Gesell / Vielleicht ist der neueste Streik der GDL maßlos. Die Kampagne gegen ihren Chef ist es mit Sicherheit. Leitartikel von Martin Anton

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(ots) - Jetzt hat er seine Medienkampagne. So fasst die
Kollegin die Reaktionen zusammen, die auf den viertägigen
Streikaufruf der GDL folgen. Tatsächlich geht es in vielen Artikeln
weniger um die Auseinandersetzung mit dem Streik, sondern um
Antipathie, um einmal maßlos zu untertreiben, die GDL-Chef Claus
Weselsky entgegengebracht wird. Allen voran das gute Gewissen der
Deutschen, das auf seiner Website den Gewerkschaftschef zum
"Bahnsinnigen" stempelt, der einen "Monsterstreik" vom Zaun bricht.
So weit so gut. Anderes war nicht zu erwarten von einem Blatt, das
sich nicht entblödete, anlässlich der organisierten Gewalt von
Hooligans in Köln die Frage nach Frauen in der Szene so zu stellen:
"Gibt es auch Hooligänse?" Das ist nicht nur verharmlosend und
sexistisch sondern auch falsch, sonst müsste die Gruppe schließlich
"Hooliganter gegen Salafisten" heißen. Doch zurück zur GDL: Hier rief
die Bildzeitung sowie ihre Berliner Schwester BZ die Leser dazu auf,
Weselsky "die Meinung zu geigen" und veröffentlichte dazu seine
Büronummer in Frankfurt. Hoffentlich zeigt sich die GDL so klug, wie
einst die Redaktion des Satire-Magazins Titanic, zeichnet die
Gespräche auf und schenkt uns den zweiten Teil von "Bild-Leser
beschimpfen ...". Jetzt soll also das Volk übernehmen, was Bahn, EVG
und die SPD in den vergangenen Wochen nicht geschafft haben: Die GDL
zur Vernunft bringen. Wo Argumente, Verhandlungen und neue Gesetze
nicht halfen, sollen es Beleidigung, Diffamierung und Drohszenarien
richten. So veröffentlichte Focus Online Fotos vom Haus der Familie
des "meistgehassten Deutschen", zusammen mit der Information, wo der
"schmucke Altbau" in einer Straße, in der sich "Rechtsanwälte und
Psychologen niedergelassen" haben, mit "zwei großen Säulen" im
Eingangsbereich zu finden ist. Die Nachricht ist klar: Weselsky hat




sich von der Arbeiterschaft entfernt, raucht wahrscheinlich dicke
Zigarren im Clubsessel und lacht in Zweireiherweste laut über die
dummen Bahnfahrer. Wer würde da nicht "rüber gehen, klingeln und ihm
mal richtig die Meinung sagen", wie der Reporter einen "Mann aus
Weselskys Straße" zitiert? Wobei unklar ist, ob es sich dabei um
einen Juristen oder Psychologen handelt. Der Grund für diese offenbar
als maßvoll angesehene Berichterstattung - abgesehen davon, dass
Journalisten vielleicht gerne Bahn fahren - ist die allgemein
anerkannte Maßlosigkeit der GDL. Vier Tage, ausgerechnet zum 25.
Jahrestag der Deutschen Einheit (statt ausgerechnet zu
Ferienbeginn/-ende oder während der Arbeitszeit) wollen die
vaterlandslosen Gesellen streiken. Und Streiks werden nun mal nur
geduldet, wenn sie keinem wehtun. Ãœber die Aufregung geraten die
Fakten in den Hintergrund. Lokführer, sind ebenso wenig
Schwerverdiener wie Zugbegleiter. Die Forderungen der GDL bewegen
sich in einem für Tarifverhandlungen üblichen Bereich. Weitere
Berufsgruppen vertreten zu wollen ist nicht illegal - bis die
Bundesregierung das Prinzip "ein Betrieb, ein Tarif" wieder einführt.
Dann wird voraussichtlich das Bundesverfassungsgericht klären müssen,
ob die Neuregelung gegen das Grundgesetz verstößt und die Deutsche
Bahn AG wird klären müssen, wie viele Betriebe sich unter ihrem Dach
so tummeln. Bis dahin wälzt die Bahn die Verantwortung auf die GDL ab
und die nimmt ihr Streikrecht wahr. Ob sie das in angemessener Weise
tut und inwieweit sie damit ihrem Arbeitgeber, der Wirtschaft oder
ganz Deutschland schadet, müssen ihre gewählten Vertreter abwägen -
ohne das ihre Familien dabei belästigt werden.



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Datum: 05.11.2014 - 20:35 Uhr
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