(ots) - Natürlich, der Streik der
Lokomotivführergewerkschaft nervt. Er ist egoistisch, überzogen,
wirtschaftsschädlich und, weil er auch noch am 25. Jahrestag des
Mauerfalls stattfindet, sogar unpatriotisch. Bloß: Die GDL darf
streiken. Es ist ihr gutes Recht. Nicht einmal die Bahn ist vor das
Gericht gezogen, um ihr den Ausstand zu untersagen. Weil sie dafür
keine Chance sieht. Vor diesem Hintergrund sind aktuelle Aussagen
führender Koalitionspolitiker gegen die GDL, von den
Fraktionsvorsitzenden Kauder und Oppermann bis herunter zu den
Parteigeneralsekretären, nichts anderes als eine Einmischung der
Politik in die Gewerkschaftsfreiheit. Die aber ist eine
außerordentlich wichtige Errungenschaft des Sozialstaates, der
Demokratie insgesamt. Etliche Top-Politiker surfen derzeit ganz
billig mit auf der Anti-Weselsky-Welle; der Beifall ist ihnen sicher.
Doch ist es vollkommen zulässig, wenn der GDL-Chef darum kämpft, den
Einflussbereich seiner Gewerkschaft auf die Zugbegleiter zu
erweitern. Auch die DGB-Gewerkschaften versuchen ständig, ihre Kreise
zu vergrößern. Wenn die Politik ein derartiges Konkurrenzverhalten in
den Betrieben abregeln will, was wahrlich notwendig ist, dann muss
sie eben ein Gesetz dafür schaffen. Doch seit 2010, seit das
Bundesarbeitsgericht die bis dahin geltende Tarifeinheit aufhob, hat
niemand den Mumm dazu gehabt. Nicht die Kanzlerin, nicht der
Vizekanzler, und auch nicht die, die sich jetzt so mutig mit
GDL-Kritik melden. Und selbst jetzt noch ist geplant, den
entsprechenden Gesetzentwurf erst im Dezember im Kabinett zu beraten
und erst Mitte nächsten Jahres zu beschließen. Das ist auch eine Form
von Arbeitsverweigerung.
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