(ots) - 25 Jahre ist es her. Die Mauer. Fiel einfach in
sich zusammen. Die Kleinkinder jener Zeit sind zu jungen Erwachsenen
herangereift, die inzwischen selber Kinder haben. Sie profitieren von
den Erinnerungen der Eltern. Aber Geschichte ist unerbittlich, weil
sie einen Schleier um die unmittelbar erlebte Realität webt, der mit
der Zeit an Konturen und Farben verliert. So wird eine verblassende
Erinnerung an die nächste Generation weitergegeben, die selbst den
übermittelten Bildern und Gedanken eigene hinzufügt. So verändert
sich Geschichte, weil sie sich mit zeitlich nachgelagerten
Erinnerungen und Betrachtungsweisen vermischt. Was dabei herauskommt,
nennt man Geschichtsschreibung. Niemals objektiv, immer flüchtig,
sich ständig verändernd. Nicht wirklich fassbar. Oder doch? Wir haben
viele Hilfsmittel, uns unsere Geschichte neu zu erschließen oder den
nachfolgenden Generationen zu übermitteln. Bilder, Filme und vor
allem Texte. Wissenschaftliche Abhandlungen, Erinnerungsberichte,
Lyrik, Romane, Biografien, alte und neue Zeitungsartikel,
Online-Reportagen, Tagebücher - sie öffnen uns die Türen der
Vergangenheit, die wir zwar niemals exakt zu fassen bekommen, der wir
uns aber immer wieder aufs Neue erschließen können. Aber wozu das
alles? Lebt es sich nicht gut mit dem, was man im Jetzt und Hier hat?
Essen, trinken, Dach über dem Kopf? Nettes Hobby, Häuschen, Urlaub?
Zur Beantwortung dieser Frage gibt es ein Schlüsselwort. Freiheit.
Wenn es Bilder gibt, die mehr als tausend Worte sagen, dann gibt es
auch ein Wort, das in unserem Hirn mehr als 1000 Bilder auslöst. Das
Streben nach Freiheit, das war der Impuls, der aus dem Volk kam, der
die Mauer zum Zusammenbruch brachte. Und so schwer es auch sein mag,
die Vergangenheit einzufangen, so haben die Ereignisse dennoch eine
klare Botschaft hinterlassen, die auch all jene verstehen, die die
Wendezeit nicht bewusst erlebt haben. Im Rückblick auf die Ereignisse
im Jahr 1989 erkennen wir den Wert, der das Leben nicht nur ganz nett
macht, sondern außergewöhnlich und lebenswert. Die LAUSITZER
RUNDSCHAU hat in den vergangenen Wochen sehr viel zu den historischen
Ereignissen vor 25 Jahren berichtet. Bei den Älteren hat sie
zahlreiche Erinnerungen geweckt, was die große Resonanz auf die
Berichterstattung deutlich nahelegt. Sie hat aber auch den Jüngeren
geholfen, sich die Vergangenheit zu erschließen. Unter anderem hat
die RUNDSCHAU eine Studie vorgestellt, die zeigte, dass sich die
Einstellungen der Deutschen in Ost und West in vielerlei Hinsicht
angenähert haben, etwa was den Wert der Freundschaft betrifft. Vor
allem aber ist es der Wert der Freiheit, der die Deutschen verbindet,
und die es in Zeiten von Massenspionage und Massenmanipulation zu
verteidigen gilt. Das Vergangene der Wendezeit mag 25 Jahre später in
der Erinnerung nur noch schwer zu fassen sein, aber der Mauerfall hat
etwas Unumstößliches hinterlassen, das auch all jene greifen können,
die diese Zeit nicht bewusst erlebt haben. Die Freiheit ist die
Essenz, die bleibt, auch wenn sich das Vergangene und die Geschichte
mit der Zeit verflüchtigen.
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