(ots) - Es passiert gar nicht so selten, dass ein
Richterspruch mehr Fragen aufwirft als er Antworten parat hält oder
reihum nur Kopfschütteln auslöst. Genau das kann man dem Europäischen
Gerichtshof, der gestern über den Hartz-IV-Bezug von EU-Ausländern
urteilte, allerdings nicht vorwerfen. Die Richter in Luxemburg
bestätigten die Entscheidung des Jobcenters in Leipzig, einer
Rumänin, die in Deutschland lebt, ohne jedoch nach Arbeit zu suchen,
kein Arbeitslosengeld II auszuzahlen. Dieses Urteil beendet nicht nur
eine Rechtsunsicherheit - es ist auch plausibel: Wer lediglich in der
Absicht nach Deutschland kommt, Hartz-IV-Leistungen abzuschöpfen, hat
keinen Anspruch darauf. Das dürfte auch jeder Nichtjurist verstehen
und dem entsprechen, was die meisten unter Gerechtigkeit verstehen.
Mit Diskriminierung hat das nichts zu tun: Jeder EU-Ausländer, der in
Deutschland arbeitet und seinen Job verliert, hat auch weiterhin nach
einer gewissen Zeit die gleichen Ansprüche wie Deutsche (die übrigens
auch mit Sanktionen rechnen müssen, wenn sie sich nicht um Arbeit
bemühen). Auch das Prinzip der Freizügigkeit innerhalb der EU wird
nicht ausgehöhlt. Ganz im Gegenteil: Seine Akzeptanz wird sogar
gestärkt, wenn klargestellt ist, dass europaweite Mobilität nicht
bedeuten kann, dorthin zu ziehen, wo es die üppigsten
Sozialleistungen gibt. Gewiss, das Thema der sogenannten
Armutszuwanderung wird von Populisten gern ausgebeutet. Das kann und
darf jedoch nicht bedeuten, vor dem Problem die Augen zu
verschließen. Hier hat der EuGH für Klarheit gesorgt. Ende der
Debatte. Dass Arbeitnehmer innerhalb der EU frei ihren Wohnort wählen
können, ist eine große Errungenschaft - die nicht zuletzt auch
Deutschland nützt. Die Luxemburger Richter haben viel dafür getan,
dass diese Freiheit nicht diskreditiert wird durch eine Minderheit,
die den Wohlfahrtsstaat ausnutzt.
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