PresseKat - Jürgen Todenhöfer heute, 0:00 Uhr, im "RTL Nachtjournal"-Interview über seinen Besuch

Jürgen Todenhöfer heute, 0:00 Uhr, im "RTL Nachtjournal"-Interview über seinen Besuch beim "Islamischen Staat"

ID: 1152753

(ots) - 18.12.2014 Zehn Tage lang besuchte der Publizist und
Autor von "Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden" Jürgen
Todenhöfer (74) den "Islamischen Staat" und sprach mit den Kämpfern
vor Ort über die Koraninterpretation des IS, ihre militärischen Ziele
und ihr Bestreben nach internationaler religiöser Säuberung. Im
heutigen Interview mit Alexander Range für das "RTL Nachtjournal"
berichtet Todenhöfer über eine gefährliche und teilweise durchaus
umstrittene Reise in das "Herz der Finsternis", über erschreckende
Erkenntnisse, seine Eindrücke vor Ort und seine Motivation zu dieser
Reise.

Das Fazit, das Todenhöfer nach seiner Reise zieht ist eindeutig
und beklemmend: "Der islamische Staat ist viel stärker, viel
gefährlicher als unsere westlichen Politiker meinen. Es herrscht eine
geradezu rauschartige Stimmung, wie ich sie noch nie in einem
Kriegsgebiet erlebt habe. Es ist dieser Glaube der Kämpfer, sie
könnten Berge versetzen. Dieser Glaube wurde verstärkt durch die
unvorstellbaren Siege kleiner militärischer Kämpfe und durch den
enormen Zulauf, den sie erleben. Jeden Tag kommen über 50 neue Leute
aus aller Welt mit leuchtenden Augen zum IS. Das sind nicht nur diese
Verlierertypen, wie man sie sich vorstellt. Diese Begeisterung ist so
ansteckend und das macht die Stärke des IS aus. Durch die Enthauptung
haben sie eine Strategie des Schreckens inszeniert und davor laufen
die Gegner davon. Ich weiß auch nicht wie wir sie schlagen sollen.

Über die Motivation der Kämpfer des IS:

Die Kämpfer des IS sind dort hingegangen, weil sie sich in
Deutschland total diskriminiert fühlen, weil sie den Islam als Lösung
für das Scheitern des Nationalismus halten. Wenn wir keinen Weg
finden, wird der IS die Welt erobern. Alle Religionen, die der
Demokratie zustimmen, haben zu sterben. Das ist ein unvorstellbares




Säuberungsprogramm, das es noch nie vorher gegeben hat. Die ganze
Welt soll religiös verändert werden. Das ist eine machtvolle,
gefährliche Organisation, wie sie die Welt noch nicht erlebt hat.

Seine Einschätzung der Mitglieder der Terror-Miliz und ihrer
Ziele: Ich würde die Anhänger des IS nicht als irre bezeichnen, unter
ihnen gibt es hochintelligente Leute. Aber in der Tat versuchen sie
eine Lebensform, die angeblich die ersten 5 Khalifen nach Mohammed
gelebt haben, ins neue Jahrtausend zu übertragen. Ich bezweifle auch,
dass der IS den Koran richtig interpretiert, denn der Koran ist eine
Religion der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Von dieser
Barmherzigkeit hab ich nie etwas gespürt. Aber diese 1%ige Bewegung
vertritt einen Islam, die von 99% der gemäßigten Muslime abgelehnt
wird. Im Westen sieht man auch nicht die Strategie, die dahinter
steht. Der IS plant eine riesige religiöse Säuberung, nach Auffassung
des IS müssen alle nicht abrahimitischen 150 Millionen Anhänger
getötet werden und auch alle gemäßigten Muslime, die an Demokratie
glauben. Das ist die größte religiöse Säuberungsstrategie, die jemals
in der Menschheitsgeschichte geplant worden ist.

Todenhöfer sieht in der Bombardierung der IS-Gebiete keine Lösung:
Der Westen hat meiner Meinung nach mit seinen
Bombardierungsstrategien keine Chancen, den IS zu stoppen. Ich habe
das Surren der Drohnen noch in den Ohren, ich wusste, sie könnten
schießen. Aber um 5000 IS Kämpfer auszuschalten, müssten die
Amerikaner die Stadt in Schutt und Asche legen. Ich habe Zweifel,
dass die Amerikaner das schaffen werden. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass der Westen zu Verhandlungen mit dem IS bereit wäre.
Ich kann mir aber vorstellen, dass es in absehbarer Zeit Handlungen
von Seiten des IS Richtung Westen geben wird, ich kann mir aber nicht
vorstellen, dass der Westen darauf eingehen wird. Zur möglichen
Lösung des Konflikts: Die Lösung kann nicht nur im Westen geschehen,
sie muss eine innerislamische Lösung sein. Durch den Krieg George W.
Bushs ist der Irak in zwei Teile gespalten worden, etwa 30% Sunniten
sind ausgeschlossen worden, und diese unterstützen jetzt den IS. Wenn
diese Sunniten wieder integriert würden, gäbe es eine Chance, dass
sie den IS stoppen können. Aber es gibt keine Chance, dass die
schiitische-irakische Regierung diese Sunniten integriert.

Todenhöfer zu seiner Motivation diese Reise anzutreten: Ich
schreibe seit einem Jahr ein Buch über den IS. Vor 7 Monaten spürte
ich, dass ich authentisches Material brauche. Ich habe über skype
Kontakt gesucht, ich habe 80 Terroristen angeschrieben, es gab 15
Antworten und 2 habe ich besucht. Ich habe mit ihnen diskutiert und
gelebt. Ich habe schreckliche Bilder von Hinrichtungen und Köpfungen
gesehen, ich saß eine Woche mit James Foley in einem Hotel. Erst als
ich eine gewisse Sicherheit hatte, dass wir lebend wieder
zurückkommen, sind wir losgefahren. Ich konnte diese Sicherheit zwar
nicht überprüfen, habe auch mein Testament neu geschrieben. Ich habe
eine ganze Reihe von schreibenden Journalisten gefragt, ob sie
mitkommen würden. Alle haben abgelehnt, die sollten nun nicht in den
Chor der Kritiker einstimmen.

Seine Reaktion auf kritische Stimmen zu seinem Besuch bei dem IS:
Ein Staatsbesuch meinerseits wertet den islamischen Staat noch nicht
als Staat auf. Der Islamische Staat funktioniert in einer Reihe von
Bereichen wie ein Staat dieser Region, in den Bereichen
Sozialfürsorge, des Schulwesens. Der Staat, der entstanden ist, ist
größer als Großbritannien. Der IS braucht mich nicht als Plattform,
er verfügt über eine Medienstrategie, die mir die Sprache verschlägt,
sie verängstigt alle. Es gibt einen humanitären Fall, über den ich
nicht sprechen kann. Aber wenn ich da was erreichen kann, hat sich
die Reise gelohnt. Ich werde die Bundesregierung unterrichten und
andere Regierungen haben bereits eine Delegation geschickt um sich
mit mir über den IS zu sprechen, weil sich keiner hin traut.

Zu seiner Situation vor Ort:

Ich hab mit den Kämpfern gelebt das war intensiver, als mit den
oberen Köpfen zu sprechen. Mit ihnen zu leben, mitzubekommen, wie sie
sich verhalten war sehr spannend. Ich bin die Moschee gegangen, was
zu harten Auseinandersetzungen führte. Wir haben Peschmerga Gefangene
gesehen. Das Stärkste waren die Gespräche, die ich täglich geführt
habe. Ich konnte die Leute bis aufs Blut reizen, das war das Risiko.
Ich habe den IS gefragt, ob er einverstanden ist, dass wir über die
Ideologie sprechen und ich fand schon, dass das sehr harte
Diskussionen waren. Es kam zu harten Auseinandersetzungen, als ich
mein Handy abgeben musste. Das war für meine Familie schlimm, meine
Familie hat 7, 8 Tage nichts von mir gehört. Gleich am ersten Abend
dort gab es Schießereien, Hubschrauber kreisten über uns. Das ist
kein gutes Gefühl, wenn man in einer Baracke schläft. In einer
Wohnung in der wir wohnten, lagen wir bei offenen Fenstern auf
Glassplittern auf dem Boden und wussten nicht, ob der Angriff am
nächsten Tag wiederholt wird. Man kann sich als mutiger Mensch
darstellen, aber das fährt einem in die Knochen, wenn man dahin
zurück fährt wo man vor ein paar Tagen noch war, und dann wurde das
alles durch Bomben zerstört.

Verwendung der Zitate nur mit Quellennachweis: RTL Nachtjournal

Rückfragen: Heike Speda, Tel.: 0221/456-74221, heike.speda(at)rtl.de


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Datum: 18.12.2014 - 19:41 Uhr
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