(ots) - Ist »Pegida« schon am Ende? Gestern hat die
Dresdner Bewegung »Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des
Abendlandes« nicht demonstriert. Die Marschpause zwischen den Jahren
war angekündigt, und womöglich flaut nach der Unterbrechung der
Zuspruch auf den Straßen ab. Es ist nicht zu erwarten, dass sich am
kommenden Montag wieder 15 000 und mehr Menschen in Dresden
versammeln. Doch damit ist der Spuk - die Politik gäbe viel dafür,
wenn es einer wäre - nicht vorbei. Das, wofür die diffuse, heterogene
und schwer greifbare Ansammlung steht, bleibt. »Pegida« ist das, was
die FDP - wenn auch mit ganz anderen Inhalten - nach ihrem
Ausscheiden aus dem Bundestag sein will: außerparlamentarische
Opposition. Der Widerstand richtet sich gegen den Umgang mit den
gesellschaftlichen Veränderungen, die in Deutschland schneller
spürbar werden als vermutet. Es bleibt eben nicht alles, wie es ist.
Der momentane Wohlstand ist endlich - und soll mit den Menschen
geteilt werden, die zu uns kommen. Und wer von seinem Wohlstand etwas
für Fremde abgeben soll, der schaut genauer hin, wer da kommt. Das
ist ganz normal. Die Ratlosigkeit der Politik gegenüber dem Phänomen
»Pegida« hält an. Die Parteien müssten mittlerweile eine Ahnung davon
haben, was auf sie zukommt: Die große Mehrheit der Wutbürger und
Mitläufer in Dresden ist älter als 50 Jahre - und spiegelt das
demografische Bild des Landes wider. Diese 50 plus-Generationen, ob
in Sachsen oder Nordrhein-Westfalen, stellen die mit Abstand größte
Wählergruppe mit der höchsten Wahlbeteiligung. Wer ihre Sorgen nicht
ernst nimmt, hat bei Wahlen kaum Chancen. Die CSU hat das begriffen
und spricht es inklusive Kritik am Kurs der Kanzlerin aus. Die Leute
sehen, lesen und spüren sehr genau, in welche Richtung sich ihre
Lebenswirklichkeit entwickelt. Der Versuch, ihnen eine andere
Wahrnehmung der Realität einzureden, muss scheitern. »Pegida« mag von
den Plätzen verschwinden, das Denken aber bleibt in den Köpfen. Und
die Politik fördert das. Zum Beispiel, wenn die hessische
CDU-Justizministerin vom Bund Geld dafür fordert, die aus Deutschland
kommenden Kämpfer des »Islamischen Staates« nach ihrer Rückkehr in
Aussteigerprogrammen zu betreuen. Ganz so, als ließe sich
Dschihadimsus wegsozialarbeiten. Es ist Otto Normalbürger nicht zu
erklären, warum Gewalttäter im Namen Allahs überhaupt nach
Deutschland zurückkehren dürfen. Bei solcher Politik sind die
Bestseller von Thilo Sarrazin (»Deutschland schafft sich ab«), Akif
Pirinçci (»Deutschland von Sinnen«) und Heinz Buschkowsky (»Neukölln
ist überall«) ebenso wenig überraschend wie die Wahlerfolge der AfD.
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