(ots) - Dem deutschen Mittelstand drohen bei einer
schärferen Regulierung von Zinsänderungsrisiken womöglich erhebliche
Finanzierungsengpässe. Wie aus einer Simulationsrechnung der
Technischen Hochschule Nürnberg für den Genossenschaftsverband Bayern
(GVB) hervorgeht, würde die Kreditvergabefähigkeit der Banken durch
erhöhte Eigenkapital-anforderungen stark eingeschränkt. Die
Regulierungs- und Aufsichtsbehörden prüfen derzeit strengere
Vorschriften. Nach Einschätzung der bayerischen Volksbanken und
Raiffeisenbanken würde dadurch die ohnehin zurückhaltende
Investitionstätigkeit der Unternehmen in Deutschland weiter
verringert.
"Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Das pauschale Vorhalten von
Eigenkapital für Zinsänderungsrisiken geht auf Kosten der
Kreditvergabe an die Realwirtschaft", sagt GVB-Präsident Stephan
Götzl. Der Genossenschaftsverband Bayern schätzt die daraus
resultierende Verminderung des Kreditvergabepotenzials allein bei den
281 bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken auf bis zu 47,6 Mrd.
Euro. Zudem wird mit einer Verschlechterung der
Finanzierungskonditionen gerechnet, da die Banken entweder verstärkt
kurzfristige oder variabel verzinste Kredite ausreichen. Götzl: "Am
Ende werden die Unternehmen für die fehlgesteuerte Regulierung
bezahlen müssen."
Das Kompetenzzentrum Finanzen der Technischen Hochschule Nürnberg
hat nun erstmals untersucht, welche Folgen eine
Eigenkapitalhinterlegungspflicht auf die Kernkapital- und
Eigenmittelquoten von Banken hätte. Dazu haben die Wissenschaftler
Daten von 756 Volksbanken und Raiffeisenbanken aufbereitet und drei
Szenarien mit unterschiedlich strengen Annahmen durchgerechnet. Das
Ergebnis: Die Quoten sinken bei allen Instituten teils deutlich und
unterschreiten in mehreren Fällen im drastischsten Szenario die
gesetzlich vorgeschriebenen Mindestwerte. Damit würden die zur
Verfügung stehenden Mittel für das Kreditgeschäft erheblich
verknappt.
Die Detailergebnisse der Simulationsrechnung werden unter
www.gv-bayern.de sowie in der am 2. Februar erscheinenden Ausgabe von
"Profil - das bayerische Genossenschaftsblatt" vorgestellt. Das
Kompetenzzentrum Finanzen der Technischen Hochschule Nürnberg kommt
in dem Beitrag zu einem ähnlichen Fazit wie der GVB: "Eine
Eigenkapitalhinterlegungspflicht für Zinsänderungsrisiken bei
deutschen Banken hätte insbesondere für die Fremdfinanzierungskosten
des deutschen Mittelstands negative Folgen", schreibt Matthias
Fischer, Professor an der betriebswirtschaftlichen Fakultät der
Hochschule. Denn die Banken müssten die Kosten der verschärften
Regulierung an die Kunden weitergeben.
Der Baseler Ausschuss beschäftigt sich seit einiger Zeit im Rahmen
der Umsetzung von Basel III mit Zinsänderungsrisiken. Bislang müssen
die Institute solche Risiken in Form einer
Risikotragfähigkeitsrechnung gegenüber der Bankenaufsicht aufzeigen,
aber dafür kein Eigenkapital hinterlegen. Die bayerischen Volksbanken
und Raiffeisenbanken haben mit diesem System insgesamt gute
Erfahrungen gemacht. Dennoch prüft der Baseler Ausschuss derzeit,
Zinsänderungsrisiken pauschal mit Eigenkapital hinterlegen zu lassen.
Diese Maßnahme würde insbesondere die deutschen Regionalbanken
treffen, die sich in den vergangenen Jahren als verlässliche und
langfristige Finanzierungspartner des Mittelstands erwiesen haben.
GVB-Präsident Götzl fordert daher, die bisher praktizierte
Behandlung der Zinsänderungsrisiken beizubehalten. "Es gibt keinen
Grund die Vorschriften zu ändern. Die Volksbanken und
Raiffeisenbanken steuern ihre Zinsänderungsrisiken seit Jahren
erfolgreich in Abstimmung mit der Aufsicht aus", sagt Götzl. Zudem
warnt er davor, die Realwirtschaft in der derzeit unsicheren
konjunkturellen Lage durch Regulierungsmaßnahmen "zusätzlich zu
schwächen und Investitionen zu hemmen".
Weiterführende Informationen unter https://www.gv-bayern.de/zaer
Der Genossenschaftsverband Bayern e.V. (GVB) vereint unter seinem
Dach 1.294 genossenschaftliche Unternehmen. Dazu zählen 281
Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie 1.013 ländliche und
gewerbliche Unternehmen mit insgesamt 53.000 Beschäftigten und 2,8
Millionen Mitgliedern. Damit bilden die bayerischen Genossenschaften
eine der größten mittelständischen Wirtschaftsorganisationen im
Freistaat. (Stand 01.01.2015)
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