(ots) - Die Zeit drängt. Yanis Varoufakis ist als
Finanzminister der griechischen Regierung noch nicht einmal vereidigt
und hat schon eine kleine Europareise hinter sich, um für die
griechischen Interessen zu werben. Vom lauten Gepolter nach dem
Wahlsieg des linksradikalen Bündnisses von Alexis Tsipras ist
allerdings nicht mehr viel übrig geblieben. Griechenland bewegt sich
inzwischen auf Europa zu. Das ist gut so. Denn: Bis Ende Februar
müssen Lösungen her. Dann läuft das europäische Hilfsprogramm für
Athen aus. Populismus hilft niemandem weiter, am allerwenigsten den
Griechen selbst. Doch auch Wolfgang Schäuble stünde weniger Sturheit
besser zu Gesicht. Das größte Wahlversprechen der neuen griechischen
Regierung - und die lauteste Forderung in Richtung Europäische Union
- war ein Schuldenschnitt. Dass diese Idee in Wolfgang Schäubles
Gespräch mit Varoufakis nicht einmal Platz hatte, war zu erwarten.
Konkrete Zugeständnisse an Griechenland: Fehlanzeige. Schäubles
Auslassung darüber, wie sehr ihm persönlich an dem Fortbestand und
der Weiterentwicklung der EU liege, die das beste Präventionsmittel
vor kriegerischen Auseinandersetzungen à la 20. Jahrhundert sei, mag
sicherlich wahr sein. Ohne Taten klingen die Worte aber keineswegs
ernst gemeint. Tritt Griechenland aus dem Euro aus, zerfällt
Schäubles Vision von einem einigen Europa mit einheitlicher Währung.
Bleibt es beim Status quo, bliebe zwar die Währung erhalten, es
drohten aber gesellschaftliche Zerwürfnisse. Ein Kompromiss muss also
her - wohl überlegt statt Hals über Kopf. Ein Kompromiss, der
Griechenland neue Spielräume eröffnet, die wiederum dem Wählerwillen
der Griechen entsprechen - ohne dabei die Interessen anderer
europäischer Länder zu übergehen. Varoufakis' Vorschlag zu
akzeptieren, ein Überbrückungsprogramm zu installieren, hätte genau
so ein Zugeständnis sein können. Schäuble hat wertvolle Zeit
verspielt.
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