(ots) - Nach Recherchen der ARD-Politikmagazine "Kontraste"
und "Report Mainz" hat der deutsche Gefechtsverband in der
NATO-Eingreiftruppe, Nato Response Force (NRF), große Mängel in der
Ausstattung. Der NRF-Verband stellt unter anderem das
Panzergrenadierbataillon 371 aus Marienberg in Sachsen. Deutschland
trägt als "Rahmennation" in diesem Jahr besondere Verantwortung in
der NRF. Aus einem internen Bericht eines Inspizienten der
Bundeswehr, der den ARD-Politikmagazinen vorliegt, geht hervor, dass
sich Soldaten des Gefechtsverbandes über das "Nichtvorhandensein von
Ausrüstungsgegenständen (Fahrzeuge, Waffen, etc.)" beklagen. Es gebe
beim Nachtsichtgerät Lucie ein "Fehl von 76 Prozent", bei den Waffen
P8 fehlten "41 Prozent" und beim Maschinengewehr MG3 fehlten "31
Prozent". Besonders problematisch: Für das Gefechtsfahrzeug GTK BOXER
ist die vorgesehene Bewaffnung sogar zu "100 Prozent" nicht
vorhanden. Der Bericht kommt zu dem Fazit: "Wenn das Material nicht
verfügbar sei, könne auch der NRF-Auftrag [... ] nicht erfüllt
werden."
Ein brisanter Vorfall vor wenigen Monaten bei einer
multinationalen Nato-Ãœbung "Noble Ledger" in Norwegen sollte deswegen
wohl verschwiegen werden. In dem "Kontraste" und "Report Mainz"
vorliegenden Bericht wird geschildert, "dass während der Übung [...]
in Norwegen das Rohr an der Waffenanlage des GTK BOXER mit schwarz
angestrichenem Besenstiel simuliert wurde, da keine Rohre für die
Waffenanlage verfügbar waren." Das Problem sei auch noch nicht
gelöst: "Bis zum heutigen Tag verfügt der Verband über keine Rohre
für die Waffenanlage [...]."
Nach Informationen von "Kontraste" und "Report Mainz" erfolgte die
Order, dass der Bericht nicht an die Presse gelangen dürfe, vor allem
nicht der Besenstieleinsatz. Im Interview mit den beiden
Politikmagazinen erklärt der Gründer der Nato Response Force und
General a. D. Harald Kujat: "Ich habe so etwas noch nicht erlebt, das
muss ich ganz ehrlich sagen. Aber für die betroffenen Soldaten ist
das natürlich eine Situation, die an Peinlichkeit nicht zu überbieten
ist. [...] Dieser Verband soll innerhalb von kürzester Zeit an jedem
beliebigen Ort, wo eine Gefahr für Mitgliedsstaaten auftreten kann,
in Einsatz kommen und wenn das nicht gewährleistet ist, dann ist das
sowohl für die Nato aber auch für die Bundesrepublik Deutschland eine
enorme Blamage."
Der Bericht widerspricht dem Bild, das das
Bundesverteidigungsministerium nach außen vermittelt. Trotz konkreter
Fragen zu den Ausstattungsmängeln von "Kontraste" und "Report Mainz"
äußert sich das Ministerium nicht, betont aber: Der Verband sei
zertifiziert und einsatzbereit. Den ARD-Politikmagazinen gegenüber
kritisiert der General a. D. Harald Kujat: "Ich kann es wirklich
nicht erklären, wie erstens, wie man einen solchen Verband
zertifizieren kann und zweitens, wie man aus deutscher Sicht jetzt
sagen kann, wir übernehmen Verantwortung, ab einem bestimmten
Zeitpunkt, und wir sind darauf vorbereitet, dieser Verantwortung
gerecht zu werden."
Nach Aussage des Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour (B'90/Die
Grünen) sei auch der Verteidigungsausschuss des Bundestages nicht
über die Ausrüstungsmängel des NRF-Gefechtsverbandes informiert
worden: "Wenn die Bundesregierung die ganze Zeit den Eindruck
erweckt, dass es keinerlei Probleme gäbe mit schneller Verlegbarkeit
und gleichzeitig die Ausrüstungsmängel so gravierend sind, dass das
doch nicht der Fall ist, dann hat die Bundesregierung dem Parlament
nicht die Wahrheit gesagt."
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.