(ots) - Die Deutschen und vor allem die Bayern
verbindet mehr mit Griechenland, als mancher meinen mag. Nicht nur
aus historischen Gründen. So war Griechenlands erster König Otto I.
ein importierter Wittelsbacher. Der Sohn des späteren bayerischen
Königs Ludwig I. wurde als 16-Jähriger nach den Wirren des
griechischen Unabhängigkeitskrieges auf den Thron gesetzt, auf dem er
30 Jahre zubrachte. Und bis heute ist Griechenland für viele Deutsche
ein Land zum Träumen und Reisen, nicht erst seit Nana Mouskouri
musikalisch "Weiße Rosen aus Athen" nach Deutschland brachte oder Udo
Jügens "Griechischen Wein" zum Blut der Erde erklärte. Der Ohrwurm
über griechische Gastarbeiter wurde in Deutschland ein Hit und in
Griechenland ein Volkslied - und kurbelte den Tourismus gewaltig an.
Heute, nach Jahren des Rückgangs, fahren Deutsche wieder in das Land,
das freilich unter einer seiner tiefsten wirtschaftlichen und
sozialen Krisen leidet. Aber: Ob deutsche Urlauber in Hellas in den
nächsten Jahren noch mit Euro zahlen können oder wieder mit der
griechischen Drachme, steht freilich auf einem anderen Blatt. Der
Bundestag hat gestern mit gewaltigem Bauchgrimmen der Verlängerung
des Hilfspakets für Athen zugestimmt. Das bedeutet jedoch nicht mehr
und nicht weniger, als dass etwas mehr Zeit erkauft wird. Ein
wirkliches Rezept gegen die Malaise Athens ist allerdings noch nicht
gefunden. Es gibt noch einmal eine viermonatige Bedenk- und
Verhandlungszeit, in der Athen und seine europäischen Partner über
die weitere Zukunft Griechenlands entscheiden können. Die
Gefechtslage ist dabei so klar wie brutal: Kann Athen seine
Euro-Verbündeten mit wirklichen Reformen davon überzeugen, dass sich
weitere Hilfen lohnen und zu einer wirtschaftlichen Gesundung des
Landes führen, dann wäre ein drittes Hilfspaket denkbar. Kann die
neue Links-Rechts-Regierung von Alexis Tsipras jedoch das verlorene
Vertrauen in der EU nicht wieder herstellen, dann läuft alles auf
einen Ausstieg des Landes aus dem Euro-Club hinaus. Der Grexit ist
trotz aller Beteuerungen von Merkel, Schäuble und Co. inzwischen eine
reale Alternative. Athen könnte mit einer kräftig abgewerteten
Drachme wieder wettwerbsfähig werden. Der Nachbar Türkei hat
vorgemacht, wie so etwas gehen kann. Doch es glaubt niemand, dass der
Ausstieg aus dem Euro nicht ohne bittere Nebenwirkungen und noch
tiefere gesellschaftliche Verwerfungen zu haben ist als jetzt schon.
Die Griechen verlören gewaltig an Vermögen, sofern sie überhaupt noch
welches besitzen. Die Eliten haben ohnehin schon Milliarden ins
Ausland transferiert, wovon der griechische Fiskus keinen Cent
gesehen hat. Doch was für Griechenland eine Katastrophe wäre, würde
auch Deutschland treffen. Die Hilfskredite aus Berlin müssten dann
wohl endgültig abgeschrieben werden. Doch wer Griechenland jetzt in
den Grexit schickt, handelt leichtfertig, vielleicht sogar
fahrlässig. Neben den katastrophalen Folgen für das Land am
Mittelmeer selbst, würde die Europäische Union damit auch das Signal
aussenden: Wenn es wirklich schwierig wird, werfen wir unliebsame
Mitglieder einfach aus dem Währungsclub raus. Keine Frage, dass
Griechenland - genauer: seine korrupte politische Elite - die Misere
selbst verschuldet hat und sich nun mit eigener Anstrengung aus dem
Schlamassel befreien muss. Doch Europa könnte in diesem Fall zeigen,
dass Solidarität und gemeinsame Werte, auf dem alten Kontinent nicht
bloß leere Worthülsen sind.
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