(ots) - Der österreichische Europarechtler Lukas
Oberndorfer hält das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro für eine
reine Drohkulisse. Insbesondere anhand der Maßnahmen der Europäischen
Zentralbank werde deutlich, dass der Grexit zwar provoziert werde,
aber nur als Mittel zum Zweck. "Man versucht, über eine Verknappung
der Liquiditätszufuhr so viel Druck aufzubauen, dass die neue
griechische Regierung weiterhin die neoliberale Krisenpolitik
durchsetzt", so Oberndorfer im Interview mit der in Berlin
erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Wochenendausgabe).
Der wissenschaftliche Mitarbeiter der Abteilung EU und
Internationales der österreichischen Arbeiterkammer glaubt aber
nicht, dass ein Grexit beabsichtigt sei. Europa sei weiter in einer
tiefen Krise. "Man hat sehr große Sorge, dass auch ein Ereignis
mittlerer Größe wie der Grexit den Schwelbrand wieder entfachen
könnte." Oberndorfer kritisiert die Sparpolitik der vergangenen Jahre
nicht nur politisch, sondern sieht auch klare Verstöße gegen das
Europarecht. "Es ist vollkommen klar, dass die EZB und die Kommission
durch ihre Teilnahme in der Troika ihre Kompetenzen in den Verträgen
überschreiten." Im Fall Griechenland sei etwa vorgegeben worden, dass
Tarifvertragsverhandlungen in Zukunft zuvorderst auf Betriebsebene
stattfinden müssen trotz eines expliziten Verbots für die
europäischen Organe, im Bereich des Tarifrechts tätig zu werden. Laut
Oberndorfer geschehe dies nicht zufällig. "Man hat hier meines
Erachtens bewusst an den Verträgen vorbeigearbeitet." Die
EU-Institutionen versuchten, "den Konsens, den es eigentlich nicht
mehr gibt, für eine Fortsetzung der neoliberalen Politik zu umgehen".
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