(ots) - Kehrt jetzt die Sachlichkeit in die Gespräche
zwischen Athen und Berlin zurück? Wird statt übereinander herzufallen
endlich wieder miteinander geredet? Der Auftakt des Treffens zwischen
Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem griechischen Regierungschef
Alexis Tsipras jedenfalls verlief vorsichtig hoffnungsvoll. Auch wenn
die gemeinsame Pressekonferenz im Berliner Kanzleramt schnell
klarmachte, wie tief der Graben zwischen beiden Ländern ist: Sowohl
Merkel als auch Tsipras waren sichtlich bemüht, kein weiteres Öl ins
Feuer zu gießen und stattdessen auf gegenseitiges Verständnis, auf
Signale der Annäherung zu setzen. Dieser Weg wird viel Zeit brauchen,
aber er ist, um ein gerne verwendetes Wort der Kanzlerin zu
verwenden, alternativlos. Von "harter Arbeit" spricht Tsipras, von
"schwierigen Fragen" Merkel. Beide wissen, dass nach dem Haudrauf der
vergangenen Monate und den zwischen Berlin und Athen wüst hin und her
geschobenen gegenseitigen Schuldzuweisungen und Beschimpfungen viel
Vertrauen zerstört worden ist. Der Anfang zu einem Kurswechsel im
deutsch-griechischen Verhältnis könnte bei diesem Antrittsbesuch also
gemacht worden sein. Nun kommt es darauf an, dass beide Seiten
entsprechend in die Zukunft investieren. Tsipras muss der
Bundeskanzlerin seine gerade erst angekündigten Reformmaßnahmen
erklären und sie von der Ernsthaftigkeit seiner Absichten überzeugen.
Gelingt ihm das, kann Merkel bei den Institutionen in Brüssel ihr
politisches Gewicht einsetzen - für Athen durchaus hilfreich. Aber
auch Berlin muss Signale setzen und scheint dies auch zu tun. So gibt
es Hinweise, dass die "Schatten der Vergangenheit", von denen Tsipras
gegenüber Merkel erneut sprach, nicht einfach mit dem Hinweis abgetan
werden, das Kapitel Wiedergutmachung für Nazi-Unrecht sei
abgeschlossen. Eine Brücke hat Tsipras bereits gebaut, indem er davon
spricht, hier gehe es in erster Linie nicht um Geld, sondern um
Ethik. Eines haben die ersten Stunden dieses schwierigen Besuchs
jedenfalls gezeigt: Merkel und Tsipras reden offen, aber sachlich.
Keine schlechten Voraussetzungen, um die Zeit der offenen Feindschaft
hinter sich zu lassen.
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