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Lausitzer Rundschau: Zum Umgang der modernen Mediengesellschaft mit einer Katastrophe
Wir sollen wissen, was wir tun

ID: 1191363

(ots) - Darum werfe den ersten Stein, wer ohne Schuld ist.
Auch diese Zeitung ist es nicht, auch nicht der Autor dieser Zeilen.
Es gibt einerseits massenhaft ehrlichen Schock über den Absturz,
aufrichtiges Mitgefühl mit den Angehörigen, echte Trauer um jeden,
der dort so jäh gestorben ist. Nicht nur bei den Mitarbeitern der
Airlines, nicht nur bei den Mitschülern in Haltern. In ganz
Deutschland, vielleicht sogar weit darüber hinaus. Man spürte am
Dienstagvormittag förmlich, wie das Land innehielt. Doch, das ist die
andere Seite, die Menschen, sofern sie nicht direkt betroffen sind,
kehren sich nicht trauernd in sich. Dazu ist jeder Einzelne dann doch
zu weit weg, zu neugierig, auch zu sensationslüstern. Deshalb
konsumieren wir Nachricht um Nachricht, Bild um Bild. Wie in einer
Endlosschleife. Batterien von Fernsehkameras sind an der Landestelle
der Hubschrauber aufgebaut - die doch nur immer das Gleiche zeigen
können. Ein Experte nach dem anderen wird interviewt, keiner weiß
etwas. Live-Schalten, Sonderpressekonferenzen, Sonderseiten in den
Zeitungen. Grafiken, Animationsfilme, das volle Programm. Alles
läuft schon nach einem Tag wie jahrelang eingeübt, das Sendeschema
und die Werbeblöcke geben den Takt vor. Gruseln live und rund um die
Uhr. Es ist eine Maschinerie. Das Trauerritual der Massen- und
Informationsgesellschaft heißt "Brennpunkt" oder "Spezial". Und die
Politik folgt diesem Mechanismus, sie muss. Staatschefs telefonieren
miteinander und versichern sich gegenseitig des tiefen Mitgefühls,
Parlamentssitzungen beginnen mit Gedenkminuten, die
Nationalmannschaft spielt mit Trauerflor. Wie auch sonst. Man könnte
sich fragen: Was wollen Steinmeier, Dobrindt, Merkel und Kraft im
französischen Gebirge, während dort die Trümmer noch rauchen? Dort
lebt keiner mehr. Ein Minister hätte gereicht, um zu erkunden, was an




technischer Hilfe aus Deutschland notwendig ist. Aber darum geht es
nicht. Die Menschen wollen Bilder, die ihre Oberen zeigen, wie sie
irgendetwas tun. Egal was. Auch dass Bundspräsident Gauck seine
Südamerika-Reise abbricht, ist objektiv gesehen völlig nutzlos für
alles, was derzeit in den Alpen oder in Düsseldorf notwendig ist. Er
kann nicht helfen. Aber oh weh, er wäre einfach weiter gereist. Dann
wäre er massiv als gefühllos kritisiert worden. Es ist wie eine
kollektive Ersatzbeschäftigung, eine Übersprungshandlung.
Wahrscheinlich können wir gar nicht anders. Nicht die Medien, nicht
die Politiker, nicht die Bürger. Kein Problem. Wir sollten nur alle
miteinander wissen, was wir da tun und es nicht übertreiben. 



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Datum: 25.03.2015 - 20:46 Uhr
Sprache: Deutsch
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