(ots) - Viel Feind, viel Ehr'. Nach diesem Ausspruch
von Georg von Frundsberg, einem kaiserlich-habsburgischen Heerführer,
aus dem Jahre 1513, hat Alexander Dobrindt gestern als ein höchst
ehrenwerter Mann den Bundestag verlassen. Lautstark hatte dort nicht
nur die Opposition von Linken und Grünen gegen sein Pkw-Maut-Gesetz
gewettert, sondern auch der Koalitionspartner SPD machte sein
Bauchgrimmen öffentlich. Einige Sozialdemokraten stimmten der höchst
umstrittenen "Ausländer-Maut" nur mit geballter Faust in der Tasche
zu. Andere votierten sogar dagegen. Der Regierungspartner der Union
stimmte letztlich nur aus Koalitionsräson für die
"Infrastrukturabgabe" und das gleichfalls geänderte Kfz-Steuergesetz.
Es gilt das politische Geschäft auf Gegenseitigkeit: Gibst du mir den
Mindestlohn und die Rente mit 63, bekommst du die Mütterrente und die
Pkw-Maut. Mitunter ist Politik doch so einfach, wie es sich der
kleine Moritz vorstellt. Man kann das, was sich jetzt in Berlin
abspielte, freilich als Geschacher abkanzeln und für völlig
undemokratisch halten. Allerdings ist die Tatsache, dass sich die
jetzige Koalition an einmal getroffene Abmachungen hält, auch ein
Garant für politische Stabilität im Lande. Und die Opposition hatte
ausreichend Gelegenheit das zu tun, was ihre Sache ist. Sie legte den
Finger in alle offene Wunden, stellte bohrende Fragen, bezweifelte
Dobrindts rosarote Zahlen über Mauteinnahmen, prophezeite das
Scheitern der deutschen Maut in Brüssel beziehungsweise vor dem
Europäischen Gerichtshof. Das ist schließlich ihr Job. Und dass
Hofreiter und Co. den CSU-Minister dabei hart rannahmen, gehört dazu.
Der ehemalige CSU-Generalsekretär, der im Berliner Ministeramt
plötzlich auf Konsens und Harmonie gebürstet ist, kann solche
Attacken ab. Der Bundestag erlebte gestern auch eine Art
Bundestagswahlkampf-Nachklapp, oder einen Vorgriff auf 2017.
Vielleicht beides. Aus Sicht der CSU kämpfte Dobrindt in den
vergangenen Monaten gewissermaßen gegen den Rest Europas, gegen
Legionen von Maut-Kritikern in Deutschland, aber auch aus Österreich,
den Niederlanden, Dänemark und vor allem aus Brüssel. Und die CSU hat
es verstanden, daraus die Frontstellung Bayern gegen den Rest der
Republik zu machen. So wie der FC Bayern gewissermaßen gegen den Rest
der Bundesliga kämpft. Zwar ist eine Pkw-Maut seit vielen Jahren
Beschlusslage der CSU, doch erst vor der Bundestagswahl 2013 machten
die Christsozialen so richtig ernst damit. Auch in Ermangelung
anderer zündender und eingängiger Themen. Selbst Angela Merkel hielt
bis zur Bundestagswahl nichts von einer Maut, die nur von Ausländern
zu bezahlen sei. Nachdem der bayerische Löwe Horst Seehofer jedoch an
dieser Stelle die Zähne zeigte, musste sich die Kanzlerin dreinfügen
- und die SPD ebenso. Mit der Pkw-Maut ist vom Bundestag das
politische Prestigeprojekt der CSU in dieser Wahlperiode beschlossen
worden. Dobrindt hat den Auftrag Seehofers erfüllt - und damit ganz
nebenbei seine Chance auf dessen Nachfolge in drei Jahren erhöht.
Doch was die Pkw-Maut ab 2016 wirklich bringen wird, wissen weder
Dobrindt noch seine Kritiker. Die Zahlen über Mauteinnahmen, mit
denen das Verkehrsministerium hantiert, scheinen ebenso von
Wunschdenken bestimmt, wie manches Herunterrechnen der Kritiker, vom
ADAC bis zu den Grünen. Und vielleicht ist der jetzige holprige
Einstieg in die Nutzerfinanzierung doch nur der Vorgriff darauf, dass
alle Autofahrer hierzulande irgendwann den Wegezoll zahlen müssen.
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