(ots) - Das Urteil gegen Mursi bestätigt den Eindruck, den
man vom bisherigen Gebaren der ägyptischen Justiz haben musste:
Abstruse Anklagekonstruktionen enden nach rechtsstaatsfernen
Verhandlungsverläufen mit Urteilen, die für die Wünsche des
Präsidenten maßgeschneidert sind. Seit Ägyptens Generäle mit dem
Machtantritt von Abdel Fattah al-Sisi als dem neuen starken Mann
wieder unumschränkt herrschen, wird kein Pardon mehr gegeben:
Kurzrundigen Massenprozessen folgten Hunderte von Todesurteilen gegen
Mursis Muslimbrüder. Wenn sich das Gericht bei ihm selbst mit 20
Jahren Haft begnügt zu haben scheint, dann vermutlich auf Drängen der
USA. Washington - nicht nur Hauptlieferant der ägyptischen
Militärherrlichkeit, sondern auch deren Sponsor - wäre ein
Todesurteil jetzt ungelegen gekommen. Schon gar zu sehr hatte man den
eigenen Verhaltenskodex hinsichtlich Ägyptens gebrochen. So hat es in
den offiziellen Anträgen der Regierung an den US-Kongress nach
Waffenlieferungen für Kairo einen Militärputsch nie gegeben. Das
jetzige Urteil bietet Obama die Möglichkeit, weiter zu verfahren wie
bisher. Auch in Berlin und bei anderen EU-Granden wird man aufatmen.
Nach all dem verlogenen Gesäusel über die einst gegenüber
Mubarak-Ägypten geübte Kumpanei hätte man nach einem Todesurteil
gegen den ersten, nach tatsächlichen Wahlen ermittelten Präsidenten
des Nil-Landes nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können. Nun
hofft man, es mit einem milden Tadel bewenden lassen zu können.
Pressekontakt:
neues deutschland
Redaktion
Telefon: 030/2978-1715