(ots) - Es ist kein Kampf auf Augenhöhe, den knapp 700
deutsche Provinzkinos - darunter etliche aus Norddeutschland - seit
gestern ausfechten. Eher gemahnt ihr Boykott des vom Disney-Konzern
verliehenen Blockbusters "Avengers: Age of Ultron" an trotzige
Verzweiflung. Wohlwollender gesprochen: Die konzertierte Aktion der
ländlichen Kinobetreiber, einem Film die Aufführung zu verweigern,
erinnert vage an eine Variante des biblischen
David-gegen-Goliath-Stoffes. Mit dem gewichtigen Unterschied, dass
die mittelständischen Cineasten aus Diepholz und anderswo (David) das
riesige Medienunternehmen Disney (Goliath) selbst dann nicht
niederringen könnten, wenn ihnen Steinschleudern zur Verfügung
stünden. Ihr Protest gegen das ihrer Meinung nach überzogene
Preisdiktat des Verleihers ist rein symbolischer Natur - und wird
weder an der Gutsherrenart des Unterhaltungskonzerns etwas ändern
noch am schleichenden Kinosterben in der Fläche, das längst
dramatische Züge angenommen hat. Ungeachtet dessen ist es wichtig und
richtig, dass die Kinobetreiber öffentlichkeitswirksam auf ihre
monetäre Malaise aufmerksam machen. Die existenzbedrohliche Krise ist
freilich nicht nur den hohen Filmmieten geschuldet, mit denen der
aktuelle Disney-Boykott gerechtfertigt wird, sondern einem
tiefgreifenden Branchenstrukturwandel. Damit ländliche
Lichtspielhäuser die Kosten für die unabdingbare Umrüstung auf
digitale Technik wieder einspielen können, brauchen sie naturgemäß
mehr Zeit als Kinos im urbanen Raum. Der seit Jahresbeginn
obligatorische Mindestlohn ist ein weiterer finanzieller Faktor, der
sich zumal bei kleinen Kultur-Unternehmen zu einem veritablen Schlag
ins Kontor auswachsen kann. Den Boykotteuren ist zu wünschen, dass
sie sich mit der "Avengers"-Aussperrung keinen Bärendienst erweisen.
Falls der Disney-Konzern ein Gespür für Märchen hat, setzt er auf
Kulanz statt Schröpfen.
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