(ots) - Nein, im Wirtschaftswunderland Deutschland ist
gewiss nicht alles Gold, was glänzt. Trotz der guten Konjunktur gibt
es viele Bürger, die gerade so mit Ach und Krach über die Runden
kommen. Weil sie nur eine Teilzeitbeschäftigung haben, obwohl sie
gern mehr arbeiten würden. Weil es an einer Kinderbetreuung fehlt
oder gänzlich an einem Job. Von den 1,6 Millionen Alleinerziehenden
zum Beispiel sind 40 Prozent auf Hartz IV angewiesen. Auch unternimmt
die Regierung viel zu wenig, um die Langzeitarbeitslosigkeit zu
bekämpfen. Obwohl die Arbeitslosenzahlen insgesamt stetig sinken, hat
sich die Zahl derer, die mindestens ein Jahr lang keine Arbeit mehr
hatten, bei rund einer Million verfestigt. Das kann, das muss man
anprangern. Der Paritätische Gesamtverband tut das auch. Allerdings
läuft er dabei Gefahr, maßlos zu überziehen. Wer von einer sozial
"zerrissenen", ja, "tief zerklüfteten Republik" redet und die Armut
in Deutschland als "noch nie so hoch" wie heute brandmarkt, der
beschreibt etwas, das der allgemeinen Lebenserfahrung in Deutschland
widerspricht. Der verharmlost übrigens auch massenhaftes soziales
Elend in großen Teilen der Welt. Denn welche verbalen Alarmismen
sollte es dafür noch geben, wenn schon alle für das eigene Land
aufgebraucht sind? Die offizielle Armuts-Definition der EU begünstigt
freilich diese Irreführung. Denn sie orientiert sich ausschließlich
am Einkommensverhältnis zu den anderen, nicht aber am jeweiligen
Preisniveau oder dem Zugang zu Bildung und öffentlicher Betreuung.
Nach ihrer Logik muss mit wachsendem Wohlstand auch die Armut
steigen. Die realen Probleme werden so weder erfasst noch gelöst.
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