(ots) - Joachim Gauck kokettiert mit seinem Ruf als
Konventionenverächter. Wenn er dabei der Wahrheit ein Stück näher
kommt, warum nicht! Es ist historische Wahrheit, dass die Forderungen
Griechenlands nach Reparationen durch schwere Verbrechen begründet
sind, die Deutschland angelastet werden müssen - nicht durch
Taschenspielertricks, die der aktuellen griechischen Regierung
angelastet werden könnten. Der Bundespräsident fährt damit der
Regierungskoalition in die Parade, auch wenn er beteuert, keine
andere Rechtsauffassung als diese zu vertreten. Er bringt sie arg in
Verlegenheit - vor allem deshalb, weil das Bekenntnis zu einem Teil
der Realität notwendig zu weiteren Teilen dieser Realität führt. So
folgt dem Gauckschen Gedankenspiel über Griechenland das über die
sowjetischen Kriegsgefangenen quasi auf dem Fuße. Diese befänden sich
in einem kollektiven Erinnerungsschatten, und das werde ihnen nicht
gerecht, wie Gauck meint. Im Kanzleramt müssen alle Alarmsirenen
schrillen. Leider scheint es reiner Zufall, wann Gauck zu
Erkenntnissen gelangt und wann nicht. Seine Behauptung etwa, über die
Spur der Verwüstung in Europa - unter anderem in Griechenland -
»beschämend lange wenig gewusst« zu haben, ist ein erstaunliches
Bekenntnis. Auch sein Lieblingsgestus, dem freien Gedanken zu
huldigen, wirkt hier nur peinlich. Wenn dieser, weil halt schlecht zu
kontrollieren, sich auch mal ein paar Jahrzehnte verspäten darf, mag
das für einen Gemeindepfarrer ausreichen. Für einen Präsidenten kaum.
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