(ots) - Und wieder dieser Weselsky. Diese sture,
schnurrbärtige Gewerkschaftsbonze. Wieder hat er das Land der
pünktlichen Pendler lahm gelegt, alle Wut darüber auf sich gezogen.
Er, das Enfant terrible unter den Rädelsführern im Fahrerhäuschen,
gilt als Geiselnehmer eines ganzen Landes. Und dieser Claus
"QUÄLselsky" war, wie die BILD am Dienstag enthüllt hat, ja schon als
junger Mann ein Außenseiter... Ja, wenn der so stur ist, dann muss
doch ein Schlichter her, der Frieden per Zwang beschließen kann,
rufen da etliche Unionspolitiker. (Hat ja schon in der Weimarer
Republik funktioniert.) Dabei taugt auch die Gegenseite für den
schwarzen Peter, nur hält sich Weselskys Gegenspieler öffentlich
stärker zurück: Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Gewelltes Haar,
runde Hornbrille, 65 Jahre alt, ruhig und besonnen nach außen, aber
ebenso stur wie der GDL-Mann. Weber tritt öffentlich immer wieder
besorgt um den "Betriebsfrieden" auf, wenn es verschiedene Abschlüsse
für dieselbe Berufsgruppe gibt. Dabei ist es in großen Betrieben
üblich, unterschiedliche Tarifverträge zu haben. Er selbst und die
übrigen Bahn-Vorstände hatten aber kein Problem damit, sich die
Erfolgsprämie zu verdoppeln, ohne ihre Jahresziele erfüllt zu haben.
Aber der Rechtsanwalt aus dem Ruhrgebiet hat ja auch keinen leichten
Job - vielleicht wusste Claus Weselsky das, als er den Posten 2007
ablehnte. Seit mehr als zehn Monaten sitzen Weber und Weselsky am
Verhandlungstisch, ohne ein Ergebnis vorweisen zu können - außer
einen Schaden in Millionenhöhe. Dafür weiß Weber die Politik auf
seiner Seite, die ihm den Rücken freihält - allen voran
Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und ihr Tarifeinheitsgesetz,
das in seiner jetzigen Form nicht nur für Unionsurgestein und
Chef-Schlichter Heiner Geißler grob verfassungswidrig ist. Und
momentan sieht es dazu noch danach aus, als liefere die GDL den
nötigen Zuspruch für das Gesetz. Und das wäre fatal. Die Frage ist
also, wer erpresst hier wen: Eine kleine Gewerkschaft wegen ihrer
Machtgelüste ein ganzes Land, oder will ein großes Unternehmen eine
unliebsame Gewerkschaft einfach per Gesetz aussitzen, um später einen
arbeitgeberfreundlichen Beschluss einzufahren? Klar, der ständige
Ausstand nervt. Und diejenigen, die nun alle Verhältnismäßigkeiten
überschritten sehen, werfen das Argument der Daseinsvorsorge in die
Runde - und das ist vor allem die Regierung. Also diejenigen, die
damals entschieden, die Bahn 1994 zu privatisieren und auf Wettbewerb
zu trimmen. Nur deswegen gibt es immer weniger Beamte im Fahrerhaus,
die jetzt den Notbetrieb fahren. Wie auch immer: Mit Weber und
Weselsky ist eine Lösung nicht zu machen. Eine Einigung scheint ohne
einen Vermittler unvorstellbar. Das haben GDL und Bahn aber schon
einmal im Jahr 2007 versucht - mit dem damaligen Vorschlag von Heiner
Geißler und Kurt Biedenkopf wollte aber keine Seite leben. Daher sind
die Grenzen dieses Instruments bereits bekannt. Denn schon damals
ging es um einen Grundsatzkonflikt. Jetzt ist das wieder so, denn die
GDL will für Lokrangierführer verhandeln, die aus ihrer Sicht eben
ganz normale Lokführer sind - nur mit einer anderen
Stellenbeschreibung und schlechterem Vertrag. Allerdings: Nach sieben
Streiks haben alle Akteure in diesem Schauspiel eine Routine
entwickelt. Und das könnte sich letztlich für alle Streikenden rächen
- vor allem für die Konkurrenz von der EVG, die am Dienstag mit dem
Ausstand gedroht hat. Doch ein Streik muss schmerzen, und darf nicht
unwirksam werden. Forderungen, wie das Streikrecht - ein hart
erkämpftes Grundrecht - zu ändern, bleiben reiner Populismus.
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