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Mittelbayerische Zeitung: Das Kind nicht mit dem Bade ausschütten / Der Schlag gegen die Rechtsterroristen zeigt, wie wichtig funktionierende Sicherheitsbehörden sind. Leitartikel von Reinhard Zweigler

ID: 1209155

(ots) - Bei all dem, was besonders in den vergangenen
zwei Wochen über die möglicherweise anrüchige Zusammenarbeit des
Bundesnachrichtendienstes (BND) mit dem US-Partner National Security
Agency (NSA) ans Tageslicht kam, könnte man fast zu dem Schluss
kommen: alles schlimme Finger, die da in den Sicherheitsdiensten am
Werke sind. Doch das wäre ein Trugschluss. Der jetzige erfolgreiche
Schlag gegen die rechtsterroristische Vereinigung "Oldschool Society"
zeigt, wie wichtig funktionierende Sicherheitsbehörden sind. Der Fall
BND-NSA muss vorbehaltlos und tiefgründig aufgeklärt werden, auf
politisch-parlamentarischer Ebene und vielleicht sogar vor Gericht.
Doch wir sollten jetzt nicht das Kind gewissermaßen mit dem Bade
ausschütten. Nicht eine Zerschlagung oder gar Abschaffung von BND,
Verfassungsschutz oder Bundeskriminalamt steht auf der Tagesordnung,
sondern, was den Dienst aus Pullach betrifft, dessen tiefgründige
Analyse und gegebenenfalls schmerzhafte Reform auf der Grundlage des
BND-Gesetzes. Wenn in der jetzt ruchbar gewordenen Affäre wirklich
deutsche Interessen verletzt worden, wenn etwa Industrieunternehmen,
befreundete ausländische Politiker und Regierungen vom BND im Auftrag
der NSA ausspioniert worden sein sollten, dann darf dies nicht ohne
harte Konsequenzen bleiben. Doch bislang sind kaum belastbare Fakten
auf dem Markt. Es wimmelt nur so von Gerüchten und Wahrheitsfetzen.
So schwer es den nach Sensationen gierenden Medien und der
Öffentlichkeit fällt, still zu halten, müssen nun erst einmal die
Untersuchungen des Geheimdienstkontrollgremiums und des
NSA-Ausschusses abgewartet werden. Gerade in einer Zeit, in der
religiös fanatische Eiferer im Nahen Osten gewaltsam einen
Gottesstaat errichten wollen und unschuldige Menschen niedergemetzelt
werden, darf der Auslandsgeheimdienst nicht zur Disposition gestellt




werden. Der BND hat in den vergangenen Jahren wichtige Informationen
aus Krisengebieten geliefert, die zum Schutz vor Anschlägen
beitrugen. Und weil die unheilige Terrororganisation "Islamischer
Staat" nicht nur junge Menschen in Deutschland rekrutiert, sondern
auch Kämpfer zurück schickt, haben die Sicherheitsdienste alle Hände
voll zu tun. Bislang konnten schlimmere Anschläge von Islamisten, wie
etwa in London, Madrid oder Paris, in Deutschland zum Glück
verhindert werden. Das ist ein Erfolg der internationalen
Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste. Auch die darf nicht etwa
gekappt werden. Auf nationaler Ebene war die Razzia gegen mutmaßliche
rechtsextremistische Terroristen, vor allem in Sachsen, aber auch in
Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder
Mecklenburg-Vorpommern, ein Erfolg. Vielleicht konnten dadurch
Attentate auf namhafte Salafisten und Anschläge auf Moscheen oder
Asylbewerberheime verhindert werden. Anders als bei der Terrorgruppe
NSU, die fast zehn Jahre mordend durch Land ziehen konnte, haben die
Sicherheitsbehörden offenbar dazu gelernt. Sie sind nicht mehr auf
dem rechte Auge blind. Die uneigennützige Zusammenarbeit über Länder-
und Behördengrenzen hinweg hat sich ausgezahlt. Ein Blick in die
Statistik politisch motivierter Straftaten zeigt jedoch, Anlass zu
Entwarnung gibt es nicht. Rechte und linke Gewalttäter schlagen immer
häufiger zu, gegen die politisch Andersdenkenden und häufig gegen
Polizisten, die sich beiden in den Weg stellen. Dass die
Hemmschwelle, gegen Beamte Gewalt anzuwenden, immer weiter sinkt -
und zwar nicht nur bei politisch verbohrten Tätern - muss uns allen
zu denken geben.



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Datum: 06.05.2015 - 19:55 Uhr
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