(ots) - Sie hat schon 13 Kinder und will noch vier
weitere - und das mit 65 Jahren. Der Fall Annegret Raunigk wirft
psychologische, ethische und medizinische Fragen auf. Bewertungen
sind schwierig, weil die Frau selbst über ihre Motive bislang nur
wenig gesagt hat. In jedem Fall ist Raunigks Verhalten höchst
fragwürdig. Mit 65 Jahren Vierlinge zur Welt bringen zu wollen,
gefährdet nämlich nicht nur ihre Gesundheit. Kommt ein Kind mit einer
Behinderung zur Welt oder stirbt es gar, tragen nicht die Ärzte daran
die Schuld, sondern Annegret Raunigk. Und selbst wenn der Kraftakt
gelingt und der Nachwuchs gesund zur Welt kommt, muss er trotzdem
mit einer enormen Hypothek leben. Eine normale Mutter haben die
Kinder nicht - wenn sie volljährig sind, ist Annegret Raunigk 83 oder
schon tot. Ein richtiger Vater fehlt bereits dann, wenn sie ihren
ersten Schrei tun. Raunigk versündigt sich an ihrem Nachwuchs. Will
sie berühmt werden, als älteste Vierlingsmutter der Welt in die
Geschichte eingehen? Wenn ja, ist das ein verantwortungsloser
Egotrip. Selbstverwirklichung hat da ihre Grenzen, wo sie andere
massiv mitbetrifft. In einer Zeit, in der Werbung und Medien den
Menschen einreden, das Ich und weniger das Wir zähle und der
Lebenszweck bestehe in der »Selbstoptimierung«, gehen solche
Grundsätze leicht unter. Geld scheint für Annegret Raunigk kein
wesentliches Motiv zu sein. Sonst hätte sie längst ihren
Kinderreichtum im Fernsehen versilbert. Das unterscheidet Raunigk von
Daniela Katzenberger, die von Vox zu RTL 2 wechselt und dort ihre
Schwangerschaft vermarktet. Acht Folgen lang würden die »wohl
spannendsten Monate ihres Lebens« begleitet, kündigte RTL 2 an. Um
weiter im Gespräch zu bleiben, hält Katzenberger ihren dicken Bauch
in die Kamera. So ist Annegret Raunigk nicht gestrickt, sie scheint
aufs Muttersein versessen zu sein. Wissenschaftler interpretieren
diese Fixierung in dem Sinne, dass solche Frauen Wesen brauchen, die
von ihnen abhängig sind, ihnen gehören, ihren Selbstwert stärken.
Solange es sich um schutzbedürftige »Würmchen« handelt, ist alles in
Ordnung. Aber wenn der Nachwuchs selbständig wird, pubertiert und aus
dem Haus strebt, verlören diese Mütter ihren zentralen Lebensinhalt,
heißt es. Eine neue Schwangerschaft fülle dann die Lücke. Um ans Ziel
zu gelangen, nutzt Raunigk die medizinischen Möglichkeiten im Ausland
aus. Dort ließ sie sich mit Hilfe einer Eizellspende künstlich
befruchten. Sollte dies auch in Deutschland erlaubt sein? Nein, der
Staat ist gut beraten, die Grenzen der Schöpfung nicht endlos
auszuweiten und dadurch fragwürdiges Verhalten noch zu fördern. Der
gesunde Menschenverstand, der davon ausgeht, dass eine Frau mit 65
Jahren zu alt für eine Schwangerschaft ist, stellt manchmal den
besseren Maßstab dar als das medizinisch Machbare.
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Westfalen-Blatt
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Andreas Kolesch
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