(ots) - Vom Urteil der Luxemburger Richter haben die einen
zu viel und die anderen zu wenig erwartet. Zu wenig, weil der
Europäische Gerichtshof eine Reihe jener Bedenken, welche die
deutschen Kläger via Karlsruher Vorlagenbeschluss geäußert hatten, in
seine Entscheidung ja doch integriert hat: Die EZB muss bei ihren
Anleihenkäufen Bedingungen beachten, darf nicht wirtschaftspolitisch
tätig werden und also ihr auf die Geldpolitik begrenztes Mandat nicht
überschreiten. So gesehen hat das Urteil eine Brücke betreten, die in
Karlsruhe gebaut wurde. Es wurde vom Luxemburger Urteil aber auch zu
viel erwartet: von denen, die hofften, das Gericht würde sich wie der
Generalanwalt zuvor auch zur Rolle der EZB in der Krisenpolitik
äußern. Die lässt sich durchaus als politische ansehen, als Teil der
»Institutionen« greift die Zentralbank in den wirtschaftspolitischen
Kernbereich von Staaten ein, etwa durch ihr Mittun bei der Verhängung
von Kürzungsauflagen. Hier besteht also eine politische Lücke des
Urteils - und nicht die einzige. Natürlich ist die »Unabhängigkeit«
der EZB in Teilen eine Fiktion, so wie die konkrete Ausgestaltung
ihrer Geldpolitik nicht frei von ideologischen Imperativen und die
EU-Auslegung der ihrer Arbeit zugrunde liegenden Verträge eine auch
politische Frage ist. Ob sich an der EZB-Politik etwas ändert, wird
man aber nicht den Luxemburger Richtern überlassen können. Es ist wie
mit der Krisenpolitik insgesamt: Eine Alternative kommt nicht per
Urteil, sondern kann nur das Ergebnis eines gesamteuropäischen
Politikwechsels sein.
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