(ots) - Es ging beim kleinen Parteitag der SPD am
Wochenende nicht nur um die äußerst knifflige Entscheidung, Daten
speichern oder nicht, sondern auch um die Autorität des Parteichefs
sowie insgesamt um die Koalitionsfähigkeit der Genossen. Es ist immer
unglücklich, wenn wichtige Sachfragen derart mit Machtfragen
verbunden werden. So war es nun auch beim SPD-Konvent. Gerhard
Schröder pflegte seine Position mitunter per Basta-Dekret
durchzusetzen. Sigmar Gabriel ist nun kaum weniger polterig unterwegs
und lässt zwischen den Zeilen schon mal die Rücktrittsdrohung
durchblicken. Souverän und überzeugend ist beides nicht. Allerdings
kann Gabriel nach diesem Wochenende unter dem Strich einen Sieg
vermelden. Die SPD steht staatstragend, oder genauer koalitionstreu,
zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten. Ein erneuter Streit
mit der Union wurde abgewendet. Das zwischen dem CDU-Innen- sowie dem
SPD-Justizminister in mühsamer Arbeit formulierte Gesetzespapier kann
auf den parlamentarischen Weg gebracht werden. Die SPD beugt sich,
wenn auch sehr knapp, einem Herzensanliegen der Unions-Innenminister,
aber auch von Ermittlern und den eigenen Länder-Innenministern. Die
jedenfalls befürworten die Datenspeicherung aus ganz pragmatischer
Sicht, um etwa wirksamer gegen Attentäter und Schwerstkriminelle
vorgehen zu können. Womöglich hat bei Gabriel auch die Überlegung
eine Rolle gespielt, im Fall eines terroristischen Anschlags in
Deutschland nicht als Ermittlungs-Verhinderer dazustehen. Die Union
hätte die SPD in dieser Frage wahrscheinlich auch im Wahlkampf 2017
vorzuführen versucht. Die zähen Kritiker und harten Widersacher der
anlasslosen Datensammelei in den Reihen der SPD gehen dagegen mit dem
lauen Kompromiss nach Hause. Das geplante Datenspeicherungs-Gesetz
soll in ein paar Jahren auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden.
Die Koalitionsergebenheit der SPD in dieser Frage schafft
andererseits Grünen, Linken, FDP, Freien Wählern und anderen
Spielraum, um Gabriel & Co. in Sachen Bürgerrechte und Datenschutz zu
attackieren. Bereits in der Edathy-, aber auch in der NSA-Affäre
zeigte die SPD offene Flanken. Und Gabriel, so wird bereits
gewitzelt, wird sich 2017 lediglich um die Vize-Kanzler-Kandidatur
bewerben können.
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