(ots) - Wenigstens dieses eine Mal hatte Gianis
Varoufakis Recht: Die Ereignisse dieses Wochenendes werden die
Eurogruppe verändern. Aber nicht so negativ, wie der griechische
Finanzminister dies meinte. Denn selten zuvor waren sich die 18
übrigen Mitglieder der Eurozone so einig, agierten sie so geschlossen
wie gegenüber der unzuverlässigen hellenischen Regierung.
Ministerpräsident Alexis Tsipras und seine Koalition haben es
geschafft, das eigene Land in nur sechs Monaten vor die Wand zu
fahren. Drohungen, Unterstellungen und Beschimpfungen - alles haben
die Mitglieder der Eurozone geschluckt und bis zuletzt an
Vorschlägen gearbeitet, die das chaotische Links-Rechts-Bündnis
unter der Akropolis hätten stützen können. Natürlich kann nicht das
Referendum per se ein Affront sein - es spricht im Gegenteil viel
dafür, ein Volk über derart einschneidende Fragen direkt abstimmen zu
lassen. Aber man kann nicht übersehen, dass Tsipras die Regeln der
Diplomatie mit Füßen getreten hat, als er seine Partner in Brüssel
eben noch anlächelte, um sie nach der Landung zu Hause dermaßen zu
brüskieren. Vor allem aber: Es gibt schlicht keine verabschiedete
Liste von Reformvorschlägen, über die man abstimmen lassen könnte.
Und die griechische Regierung informiert nicht, sie manipuliert.
Dabei hat die Abstimmung der Bürger längst begonnen. Nicht an den
Urnen, sondern an den Geldautomaten. Die Währungsunion hat sich an
diesem Wochenende nicht von Athen abgewendet. Aber sie hat sehr wohl
endlich begriffen, dass man mit einem Partner, der die politischen
und vertraglichen Spielregeln ausschließlich zu seinen Gunsten
auslegt, nicht verhandeln kann. Sie hat die richtigen Konsequenzen
gezogen. Endlich - werden die Kritiker der Euro-Rettungspolitik
sagen. Ihnen wird Griechenland fortan als Beleg für eine falsche
Antwort der Euro-Zone auf die Krise dienen. Das jedoch ist ein
Irrtum. Der Absturz Athens eignet sich nicht als Argument gegen die
Politik, die Kanzlerin Angela Merkel zugeschrieben, aber auch von
allen anderen Mitgliedern der Währungsunion gestützt wird. Das
Desaster zeigt im Gegenteil, was passiert, wenn eine Regierung die
Welt ausschließlich durch eine ideologische Brille sieht und ihr
Rendezvous mit der Realität verpasst. Griechenland könnte längst über
den Berg sein, wenn diese Regierung nüchtern und mit Verständnis für
die Situation der eigenen Landsleute verhandelt hätte. Dazu ist es
immer noch nicht zu spät. Aber es gibt kaum noch jemanden, der
Tsipras und seinen Mitstreitern die dafür notwendige Einsicht
zutraut. Während der Premier auf die Geldgeber und die Euro-Partner
schimpft, halten diese weitere Milliarden bereit, um die Lage zu
stabilisieren. Werden die hellenischen Politiker ihren Wählern auch
das sagen, bevor sie sie zur Abstimmung rufen? Wann wacht
Griechenland auf und versteht, wer hier welche Rolle spielt?
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Andreas Kolesch
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