(ots) - Es war einmal ein Professor aus Athen, der Europa
für einige Monate in Atem hielt. Seine maskuline Lässigkeit, seine
brachiale Eloquenz entfalteten gewaltige Wirkung. Doch erreicht hat
Gianis Varoufakis als griechischer Finanzminister nichts: weder für
sein Volk noch für Europa. Er verwechselte seine reine Lehre mit
Realpolitik. Er glaubte, er könne die gesamte Eurozone, die EZB und
den IWF erpressen und Gläubiger als Terroristen brandmarken. Wäre er
damit durchgekommen, hätte der von Margaret Thatcher einst
ausgehandelte Britenbonus wie eine Petitesse ausgesehen. Es ist gut,
dass Varoufakis zurückgetreten ist. Denn der Unterhaltungswert, vom
deutschen Fernsehsatiriker Jan Böhmermann mit dem Stinkefinger-Video
eingefangen, bedeutet nichts. Nein, der einzige Maßstab muss jetzt
sein, was gut für Griechenland und für Europa insgesamt ist. Und da
gibt es Fakten, an denen niemand vorbei kann: Selbst wenn das Land
die Eurozone verließe, bliebe die EU in der Pflicht, ihrem Mitglied
zu helfen. Aber alle Bürgschaften und Kredite, die Griechenland
gewährt wurden, müssten abgeschrieben werden. Das könnte die
Deutschen umgerechnet pro Kopf rund 1000 Euro kosten - und die
Folgerisiken für die Wirtschaft und damit für die Steuereinnahmen
kämen noch dazu. Es hilft nichts: In Griechenland muss Stabilität
entstehen, zunächst politische, dann wirtschaftliche. Auch wenn ein
Militärputsch wie 1967 heute unwahrscheinlich erscheint - das Land
muss zur Ruhe kommen. Und es muss eine ökonomische Perspektive
finden, die über Landwirtschaft und Tourismus hinausgeht. Das wird
Jahre dauern und Milliarden verschlingen, aber wenn die Gläubiger
Griechenland jetzt helfen, helfen sie vor allem sich selbst. Der
Professor aus Athen ist auf sein Motorrad gestiegen und
davongebraust. Angela Merkel und die Eurozone sollten die Griechen
nicht so ihrem Schicksal überlassen, wie er es tat. Es darf ihnen
nicht ums Rechthaben gehen, sondern sie müssen echte Lösungen finden.
Das Nein der Griechen muss sich zu einem Ja aller Europäer wenden.
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