(ots) - Alexis Tsipras hat zu hoch gepokert. Auch nach
dem Gewinn des Referendums glaubte der griechische Premierminister
offenbar noch, die Euro-Zone werde den Grexit nicht wagen. Nun bekam
er nicht nur die Wut über die verpatzten Chancen, sondern auch die
Entschlossenheit der verprellten Partner zu spüren. Wenn Athen bis
Sonntag nicht liefert, ist Schluss. Natürlich wissen alle, dass ein
solcher Schritt rechtlich fragwürdig und praktisch nur mit
erheblichem Aufwand zu bewerkstelligen sein würde. Aber an diesem
Punkt der Diskussionen musste die Euro-Zone einen Warnschuss
abgeben. Dass die griechische Delegation zur Tagung der
Finanzminister wie auch der Staats- und Regierungschefs praktisch mit
leeren Händen anreiste, stellte einen unfassbaren Affront dar -
übrigens nicht nur gegenüber der Währungsunion, sondern auch
gegenüber den Menschen im eigenen Land, deren soziale Lage sich mit
jedem Tag verschlechtert. Tsipras zeigte schon bei seinem Auftritt
vor dem Europäischen Parlament, dass er die Botschaft scheinbar
verstanden hat. Vielleicht möchte man das auch nur aus seinen Worten
herauslesen, um die Hoffnung auf eine Kehrtwende nicht zu verlieren.
Athens Führungsmannschaft weiß, was erwartet wird und was möglich
ist. Die Phase des Tricksens und Täuschens, des Hinhaltens und der
Spieltheorien ist vorbei. Der Satz über die Zeit, die abläuft, wurde
schon so oft strapaziert, dass er seine Bedrohlichkeit verloren hat.
Doch nun stimmt er. Dabei geht es nicht mehr nur um Griechenland. Mit
fast schon unerträglicher Geduld haben die EU-Spitzen sich von den
Vertretern der griechischen Regierung vorführen und brüskieren
lassen. Längst gerieten die handelnden Figuren in den eigenen Reihen
ins Gerede, weil sie Athen eine Sonderbehandlung zukommen ließen, die
kein anderer je genießen dürfte. Tatsächlich droht die Euro-Gruppe
selbst aus der Balance zu geraten, weil sich die, die Reformen gewagt
oder sich dank eigener Kraft aus einer Krise gerettet haben, über den
Langmut gegenüber Athen beschweren - und schon längst nicht mehr
bereit sind, dafür zu zahlen. Die gleichen Griechen, die am
vergangenen Sonntag voller fehlgeleiteter Illusionen der Regierung
einen Freibrief für Forderungen ohne Gegenleistungen gaben, werden
schon am kommenden Sonntag erleben müssen, dass Tsipras einknickt und
somit zum Verräter seiner eigenen Wahlversprechen wird. Das hätte
alles nicht sein müssen, wenn der Mann seine linke Politik mit
Bedacht und im Kreis der Euro-Familie abgesprochen und wirklich
ausgehandelt hätte. Doch nun ist Schluss: Die Währungsunion hat ihre
Karten auf den Tisch gelegt, und sie wird am Wochenende von den
übrigen EU-Partnern ermuntert werden, hart und konsequent zu bleiben.
Tsipras kann nicht mehr ausweichen.
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