(ots) - Langsamfahrstrecken auf Autobahnen bei großer
Hitze, wie zuletzt erlebt, bröckelnde Brücken, löchrige Straßen. Das
eigentlich reiche Deutschland geht nicht besonders verantwortungsvoll
mit seiner Infrastruktur um. Dabei gehört die zum wichtigen
Volksvermögen, wird jedoch seit Jahrzehnten, egal welche Partei den
Bundesverkehrsminister stellte, auf Verschleiß gefahren. Der
Bundesrechnungshof, eigentlich eine Behörde, die das Knausern zum
Prinzip erhoben hat, verlangt von der Bundesregierung nun kategorisch
mehr Geld für den Erhalt der bröselnden Infrastruktur. Rund ein
Drittel mehr, also etwa 14 Milliarden Euro pro Jahr sollten es schon
sein, die in Straßen, Schienen- und Wasserwege investiert werden
müssten. Hinzu kommt der milliardenteure Ausbau der IT-Netze. Doch
woher nehmen und nicht stehlen? Nun fällt aller Voraussicht nach auch
noch die Dobrindtsche Pkw-Maut als eine, wenn auch äußerst kleine
Geldquelle, aus. Zumindest liegt sie erst einmal auf Eis, weil
Brüssel die "Ausländermaut" für diskriminierend hält. Ausgang vor dem
Europäischen Gerichtshof ungewiss. Dobrindt kontert die Kritik der
Rechnungshofbeamten mit dem Hinweis, dass er ja ohnehin einen
"Investitions-Hochlauf" gestartet habe. Richtig daran ist, dass vor
allem die Lkw-Maut, die auf alle vierspurigen Bundesstraßen
ausgedehnt wird, dem Bund etwa weitere zwei Milliarden Euro pro Jahr
in die Kassen spülen wird. Freilich wird auch das angesichts des
riesigen Nachholbedarfs nicht ausreichen. Es war Dobrindts Vorgänger
im Verkehrsressort, Peter Ramsauer, der nach über zwei Jahrzehnten
des zweifellos notwendigen Aufbaus Ost den "Erhalt West" forcierte
und damit einen Trend umzukehren begann. In den neuen Ländern hat der
Bund wichtige Straßen- und Bahntrassen erneuert oder völlig neu aus
dem Boden gestampft. Einige davon sind im dünn besiedelten Osten
vielleicht nicht ganz so wichtig gewesen. Gebaut wurden sie trotzdem.
Der Kanzler der Einheit, Helmut Kohl, hatte schließlich sein Wort
gegeben. Und an einigen Jahrhundertprojekten, etwa der ICE-Trasse
München-Nürnberg-Berlin, wird immer noch gebaut. Gleichzeitig kommen
regional wichtige Linien, siehe das Trauerspiel um die
Elektrifizierung der Strecke Hof-Regensburg oder einer schnellen
Verbindung nach Prag, nicht voran. Dobrindt muss den Vorsatz seines
Vorgängers, Erhalt vor Neubau, ernst nehmen. Die wichtigste
Weichenstellung dafür bietet der Verkehrswegeplan, an dem jetzt mit
Hochdruck gearbeitet wird. Was technisch klingt, ist im Grunde die
Agenda für alle wichtigen Verkehrsbauten der nächsten Jahre. Was hier
nicht drin steht, hat kaum Chancen, realisiert zu werden.
Entsprechend groß ist das Antragsgedränge. Der Freistaat ist mit den
meisten Projekten dabei. Aber zurzeit läuft das große Geschacher:
welches Projekt erfüllt das Kriterium der Wirtschaftlichkeit, welches
fällt durchs Raster. Dass der Verkehrsminister aus Oberbayern kommt,
muss dabei kein Nachteil sein. Ein unlauterer Vorteil darf daraus
allerdings auch nicht gezogen werden. Aber woher kommt das Geld?
Sigmar Gabriel hat vor einem Jahr, das Gejammer über mickrige Zinsen
von Banken, Versicherungen und Pensionsfonds im Ohr, vorgeschlagen,
private Geldgeber mit ins Boot zu holen. Auch private Sparer könnten
ihr Geld in Bürgerfonds anlegen, die wiederum für Investitionen in
die Infrastruktur zahlen. Bereits heute lässt Dobrindt einige
Autobahnen in öffentlich-privater Partnerschaft sanieren, finanziert
über die Lkw-Maut. Gut daran ist, dass derartige Projekte in der
Regel kostengünstig und in der vorgegebenen Zeit errichtet werden.
Der "Nachteil", dass der Staat den Geldgebern eine entsprechende
Rendite gewähren muss, sollte verkraftbar sein. Es ist genug Geld da.
Es muss lediglich für vernünftige Projekte aktiviert werden.
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