(ots) - Nach einem Vierteljahrhundert scheint die Fußball-WM
1990 noch große Gefühle bei den damaligen Kontrahenten der deutschen
Mannschaft zu wecken: Englands Gary Lineker bekennt, dass er trotz
des Ausscheidens im Halbfinale Elfmeterschießen immer noch liebt. Der
niederländische Torwart Hans van Breukelen gibt zu, sich für das
Verhalten seiner Mannschaft etwas zu schämen. Und sein argentinischer
Kollege Sergio Goycochea, der im Finale den entscheidenden Strafstoß
nicht halten konnte, nennt seinen einstigen Gegner Andreas Brehme
"ein großes Rätsel für einen Torwart". Alle drei sprechen über ihre
Sicht der WM 1990 in der Fernsehdokumentation "Schwarz-Rot-Gold und
Fußballfieber - Der WM-Triumph im Sommer der Einheit", die am
Samstag, 11. Juli 2015, um 19.10 im Ersten läuft.
Hans van Breukelen stand im Tor der niederländischen Elftal, als
sie im Achtelfinale von Mailand auf die DFB-Elf traf. Wegen Frank
Rijkaards "Spuckattacke" auf Rudi Völler und der Platzverweise gegen
beide ist dieses turbulente Spiel in beiden Ländern unvergessen. Die
Niederlage gegen Deutschland konnte van Breukelen damals schwer
verkraften. Zwei Jahre zuvor bei der EM in Deutschland habe sich
Franz Beckenbauer nach dem Halbfinale gegenüber den siegreichen
Niederländern als fairer Verlierer gezeigt: "Er kam in unseren Bus
und sagte: Glückwunsch, Jungs. Gut gemacht. Wir dagegen waren in
Mailand 1990 dazu nicht in der Lage. Dafür schäme ich mich heute
etwas." Der inzwischen 59-jährige van Breukelen blickt heute mit
Selbstironie und Gelassenheit auf den bisweilen hitzköpfigen Profi,
der er selbst damals war: "Ich weiß, dass manche Menschen mich als
einen Psychopathen in Erinnerung behalten haben. Und irgendwie kann
ich das auch ein bisschen verstehen", sagt er schmunzelnd. Er sei als
Spieler ein ähnlicher Typ gewesen wie Lothar Matthäus, der immer
alles gegeben habe, um zu gewinnen. Dafür habe man ihn selbst in
Deutschland und Matthäus in den Niederlanden zwar nicht gemocht, aber
der Respekt für Matthäus sei sehr groß.
Gary Lineker, heute erfolgreicher Sportmoderator bei der BBC,
möchte trotz des tragischen Halbfinalaus gegen Deutschland kein
Elfmeterschießen missen: "Ich liebe Elfmeterschießen. Es ist der
ultimative Test für die Nerven eines Profis, für eine menschliche
Persönlichkeit überhaupt." Im Rückblick wertet er die WM 1990 aus
englischer Sicht sehr positiv: "Wir waren sehr stolz über unseren
Auftritt bei dieser WM. Der war viel besser, als wir es sonst
hinbekommen haben. Auch zuhause gab es viel Zuspruch dafür. Wir
kehrten mit breiter Brust zurück. Wir waren unserem eigenen Anspruch
gerecht geworden. Dies war das Wichtigste."
Stolz ist auch das vorherrschende Gefühl von Sergio Goycochea,
damals Torwart der argentinischen Nationalmannschaft. Die Albiceleste
verdankt es ihm, dass sie überhaupt ins Finale gegen Deutschland
gelangte, denn Goycochea hielt im Viertelfinale und im Halbfinale im
Elfmeterschießen jeweils zwei Elfmeter. Besonders ist ihm der Sieg
gegen Italien in Erinnerung. Nach seinem letzten gehaltenen Elfmeter
sei es im Stadion von Neapel ganz still gewesen: "Es war als hätte
jemand den Ton abgestellt", sagt er. "Ein ganzes Stadion zum
Schweigen zu bringen ist wunderschön." Sein Duell im Finale mit
Andreas Brehme, beim Strafstoß sechs Minuten vor Spielende, verlor
Goycochea dann. Brehme sei ein besonderer Gegner für ihn gewesen:
"Bei Andreas gab es für mich einen großen Unsicherheitsfaktor, denn
er kann mit beiden Füßen schießen. Er ist für einen Torwart ein
großes Rätsel."
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