(ots) - Türken in Deutschland sollten »auch Hegel, Kant und
Goethe verstehen«. Das sagte Recep Tayyip Erdogan, damals noch
türkischer Premier, als er 2012 die neue Botschaft seines Landes in
Berlin eröffnete. Zuvörderst Hegel scheint der heutige
Staatspräsident eine Menge abgewinnen zu können. Hatte doch der
preußische Staatsphilosoph dem Kriegszustand eine »höhere Bedeutung«
zugemessen, da dieser »die sittliche Gesundheit der Völker« erhalte.
Erdogan hat es mit seiner Politik geschafft, die Türkei in einen
veritablen Mehrfrontenkrieg zu zwingen, in dem sich türkische
Truppen, syrische Streitkräfte, Anti-Assad-Rebellen, Dschihadisten
und kurdische Freischärler zu einer schwer überschaubaren Gemengelage
verknäult haben, aus der am Ende Ankara (womöglich mit Hilfe der
NATO) als geopolitischer Gewinner hervorgehen soll. So das Kalkül
Erdogans, der gleich noch die günstige Gelegenheit nutzte, den
Friedensprozess mit den politisch erstarkten Kurden für beendet zu
erklären. Erdogan hatte diesen einst selbst eingeleitet - »mit dem
geheimen Vorbehalt des Stoffs zu einem künftigen Kriege«? Letzteres
war von Immanuel Kant, dem zweiten aus Erdogans Dichterdenker-Dreier,
in der Schrift »Zum ewigen Frieden« verurteilt worden. Und Goethe? Im
»Faust« steht das »Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, wenn
hinten, weit, in der Türkei, die Völker aufeinander schlagen«.
Hinten, weit? Schon zu des Geheimrats Zeiten war das
Selbstbeschwichtigung.
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