(ots) - Diebisch, machtgierig, verräterisch - es sind dies
die Adjektive, mit denen Alexis Tsipras belegt wird, nun da er eine
vorgezogene Parlamentswahl eingeleitet hat. Dass eben jene weit mehr
als das Referendum vom 5. Juli ein Votum über seine
Regierungstätigkeit ist, wird - wenn überhaupt - nur halb zur
Kenntnis genommen. Die Mahner, Kritiker und Besserwisser weisen zwar
zu Recht auf die Diskrepanz zwischen dem einstigen Wahlprogramm von
SYRIZA und der Fortsetzung des Sparkurses, des Ausverkaufs und der
Schulden-für-Schulden-Politik nach Amtsübernahme durch Tsipras hin.
Sie haben ihr Urteil über den ersten griechischen Premier, der es
gewagt hat, »Oxi« zum Austeritätskurs zu sagen, schon früh - zu früh
- gefällt. Sicher, Tsipras handelt nach der dem Berufsbild des
Politikers innewohnenden Maxime »Wiederwahl«. Klar ist auch, dass er
auf eine stabile Mehrheit hinarbeitet. Anders ist Regieren nach den
derzeit gültigen Regeln in Griechenland - hier ist Hellas übrigens
ziemlich europäisch - zur Zeit gar nicht möglich. Dass sich die
einstigen griechischen Volksparteien mit ihrer Krisenpolitik
unwählbar und SYRIZA stark gemacht haben, kann jedoch nicht Tsipras
angelastet werden. Die griechische Politik hat keine ernst zu
nehmende Alternative zu ihm, weil Tsipras zumindest in den Augen
vieler Griechen konsequent agiert. Jemandem vorzuwerfen, an der Macht
zu kleben, der sich nach einem halben Jahr wieder zur Wahl stellt,
nachdem er viele seiner Versprechen nicht halten konnte - das ist
Taktiererei.
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