(ots) - Die Würfel sind gefallen: Griechenlands
Premierminister Alexis Tsipras tritt zurück, der linke Flügel seiner
Syriza-Partei spaltet sich von ihm ab, es werden vorgezogene
Neuwahlen abgehalten. Wieder einmal. Der Urnengang soll bereits in
weniger als einem Monat, am 20. September, stattfinden. Dies ist
zumindest die Absicht des Premiers. Tsipras ergreift die Flucht nach
vorn. Der Grund ist simpel: Er will den Auswirkungen der neuen
Sparpakete auf das vom harten Sparkurs in Athen erschöpfte Wahlvolk
zuvorkommen. Die Griechen und Griechinnen sollen nicht schon vor der
Stimmabgabe die neuerlichen harten Sparauflagen mit voller Wucht zu
spüren bekommen. Zudem will Tsipras nicht vor einer Wahl noch ein
weiteres schmerzliches Spar- und Reformpaket im Oktober beschließen,
wie mit der Gläubiger-Quadriga verbindlich vereinbart ist. Mit den
Express-Wahlen will der ursprüngliche Spar- und Reformgegner
obendrein die innerparteilichen Widersacher, die seine sagenhafte
Kehrtwende hin zu einem rigorosen Spar- und Reformkurs mit Vehemenz
ablehnen, aus seiner Fraktion rauswerfen. Das macht er, indem er sie
einfach nicht mehr auf den Wahlzetteln von Syriza platziert. Geht
sein Kalkül auf, und er bleibt nach den Wahlen Regierungschef, kann
er künftig besser durchregieren. Dass Tsipras die absolute Mehrheit
der Mandate erringt, gilt allerdings als eher unwahrscheinlich bis
utopisch. Denn: Nicht alle Syriza-Wähler vom Januar dürften ihm seine
spektakuläre Kehrtwende verzeihen. Bliebe die Frage: Kann Tsipras
neue Wähler hinzugewinnen, um mindestens das Wahlergebnis vom Januar
mit 36 Prozent der Wähler zu erreichen oder gar zu übertreffen? Die
Experten sind sich einig: Das dürfte schwierig werden. Ob mit oder
ohne Tsipras - eine neue Koalitionsregierung ist wahrscheinlich.
Egal, wer in Athen nach der Wahl das Ruder in die Hand nimmt: Die
neuerliche politische Unsicherheit macht die Ãœberwindung der Krise im
ewigen Euro-Sorgenland noch schwieriger - und noch teurer, als sie
wegen Tsipras' Wirrwarr-Politik schon geworden ist. Tsipras ist und
bleibt das, was er immer war: Ein Glücksritter, ein Hasardeur, ein
unsäglicher Taktierer - und keinesfalls ein überzeugter Reformer. Die
Frage ist, ob die Griechen ihm diesmal dabei folgen.
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