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Bioland fordert Verbot der Herbizide Pendimethalin und Prosulfocarb / Studie beweist: Ferntransport von Pestiziden belastet Bioanbau in großer Distanz

ID: 1254003

(ots) - Pestizidwirkstoffe können über weite Strecken
verfrachtet werden und die Ernte sowohl von Bio-Bauern als auch von
konventionellen Landwirten verunreinigen. Dies zeigt ein Fall in
Brandenburg. Seit mehreren Jahren ist die Fenchelernte auf dem
Bio-Hof Gut Wilmersdorf mit Rückständen der Herbizidwirkstoffe
Pendimethalin und Prosulfocarb belastet. Die beiden Mittel wurden
nachweislich nicht in der Nähe, sondern in mindestens mehreren
Kilometern Entfernung ausgebracht. Die Folge: Die Bio-Ware konnte
nicht wie geplant vermarktet werden. Die Verunreinigung des Fenchels
mit den beiden Herbizidwirkstoffen lag über dem Grenzwert, der für
Babynahrung gilt.

Eine daraufhin vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und
Verbraucherschutz (LUGV) in Auftrag gegebene Studie weist nach, dass
die beiden Wirkstoffe nach der Ausbringung von Thermik und Wind
weiträumig transportiert wurden. Nicht nur im Fenchel, sondern auch
in Grünkohlproben aus der Region fand das LUGV Rückstände der beiden
Wirkstoffe.

"Es kann nicht sein, dass wir Bio-Bauern den Anbau bestimmter
Kulturen einstellen müssen, weil die Behörden bei der Zulassung von
Pestiziden versagen", sagen Tina Boeckmann und Stefan Palme, die
betroffenen Landwirte. Dass einige Pestizidwirkstoffe leicht
verdampfen und weit verfrachtet werden können, werde bei der
Zulassung nicht ausreichend beachtet. "Auf unserem Schaden bleiben
wir sitzen, weil der Verursacher des Pestizideintrages bei einer
Fernverwehung nicht festgestellt werden kann. Das empfinden wir als
schweren Eingriff in die Berufsausübung als Landwirte", so die
Fenchelanbauer.

"Leichtflüchtige Pestizide, die Bio-Ware über Ferntransport
belasten, müssen umgehend verboten werden. Bio-Bauern dürfen nicht
die Leidtragenden eines unzureichenden Zulassungsverfahrens sein. Die




Kriterien für die Zulassung müssen verschärft werden", fordert Jan
Plagge, Präsident von Bioland. Bioland fordert zudem ein umfassendes
Monitoring von Pestizidwirkstoffen in der Luft. Dies wurde 2003 an
Luftmessstationen des Bundes und der Länder eingestellt. "Es handelt
sich sehr wahrscheinlich um ein Problem, das schon seit Jahren
besteht und bisher von den Behörden ignoriert wurde", so Plagge. Dass
im Grünkohl immer wieder Belastungen mit Pendimethalin gefunden
werden, ist seit Jahren bekannt, dass Fernverwehungen dafür die
Ursache sein könnten, wird ebenso lange diskutiert. Konsequenzen
wurden daraus nie gezogen, stattdessen wurde das Problem über die
Anhebung von Grenzwerten angegangen. Bioland lehnt dies entschieden
ab.

Plagge bekräftigt seine Forderung nach Einführung einer
Pestizidabgabe nach dem Verursacherprinzip. "Die Pestizidindustrie
muss endlich an den externen Kosten des chemisch-synthetischen
Pflanzenschutzes beteiligt werden." Gemeint sind versteckte Kosten
für Umweltschäden, Artenverlust, Brunnenschließungen oder
Krankheitsbehandlungen.

Zum Hintergrund:

Die Studie im Auftrag des Landesamts für Umwelt, Gesundheit und
Verbraucherschutz (LUGV) Brandenburg führt den Nachweis, dass die
Unkrautvernichtungsmittel Pendimethalin und Prosulfocarb sehr
weiträumig über thermische Luftbewegungen verbreitet werden. Die
Gutachter sprechen von einer "unerwünscht weiträumigen und
anhaltenden Verbreitung insbesondere von Pendimethalin". Die
festgestellte Belastung liegt 100- bis 1000-fach höher als die
Grundbelastung in unbelasteten Referenzgebieten der Nord- und Ostsee.
Pendimethalin und Prosulfocarb werden im konventionellen Landbau
häufig verwendet. Pendimethalin steht auf der Liste der TOP 10 der
meist verkauften Pestizide in Deutschland.

Durch eine weiträumige Verteilung bestimmter Pestizide kann
Erntegut so stark belastet werden, dass es in Folge nicht mehr zur
Herstellung von Babynahrung verwendet werden darf. Nach § 14 der
Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) dürfen in
Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder Rückstände von
Pflanzenschutzmitteln 0,01 mg/kg nicht überschreiten. Auch bei
pharmazeutischen Verwendungen (hier gelten Höchstmengen nach
Europäischem Arzneibuch) können sowohl Bio-Bauern als auch
konventionelle Landwirte häufig die Grenzwerte nicht einhalten. Das
Problem der Höchstmengenüberschreitungen von Pendimethalin will man
aktuell im Europäischen Arzneibuch durch eine Erhöhung der Grenzwerte
"lösen". Bei einigen Gemüsekulturen (hier gelten die
Rückstandshöchstwerte für Lebensmittel) wurden die Grenzwerte gerade
angehoben. Dies sieht die EU-Verordnung 2015/1101 mit Inkrafttreten
am 29. Juli 2015 vor. So wurden die
Pendimethalin-Rückstandshöchstgehalte für Karotten,
Meerrettiche/Kren, Pastinaken, Petersilienwurzel,
Haferwurz/Purpur-Bocksbart von 0,2 auf 0,7 mg/kg angehoben, für
Knollensellerie von 0,1 auf 0,2 mg/kg und für Kohlrüben/Weiße Rüben
von 0,05 auf 0,4 mg/kg.

Die EU-Genehmigung des Wirkstoffes Pendimethalin läuft am 31. Juli
2016 aus. Zurzeit findet das Erneuerungsverfahren für die
Wirkstoffgenehmigung statt. Für den Wirkstoff Prosulfocarb steht die
Überprüfung der EU-Genehmigung 2018 an, da der Wirkstoff bis zum 31.
Oktober 2018 genehmigt ist. Im Zulassungsverfahren für
Pflanzenschutzmittel wird nach Angaben des Bundesamts für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die
vergleichsweise hohe Verflüchtigungsneigung der beiden Stoffe
berücksichtigt. Die Messungen wurden allerdings nur in einer
Entfernung von bis zu 50 Metern vorgenommen. Die Zulassungskriterien
sind damit aus Sicht von Bioland ungenügend und entsprechen nicht der
Problemlage in der Praxis.

Die Studie zum Ferntransport von Pestiziden des Landesamts für
Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg (LUGV) finden
Sie hier. http://ots.de/KCTTO

Einen Artikel im bioland-Fachmagazin finden Sie hier.
http://ots.de/udx4Y



Pressekontakt:
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Pressestelle, Gerald Wehde
Tel.: 0 61 31 / 23 97 9 - 20, Fax: 0 61 31 / 23 97 9 - 27
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