(ots) - Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hat eine
Regeländerung beschlossen, die eine Teilnahme von behinderten
Athleten mit Prothese an Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften
praktisch unmöglich macht. Wie IAAF-Sprecher Chris Turner der in
Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland"
(Dienstagausgabe) bestätigte, wurde die Wettkampfregel 144.3
geändert. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hatte beantragt,
Athleten wie Weitsprung-Weltrekordler Markus Rehm auch bei
Wettbewerben von nichtbehinderten Athleten starten zu lassen und sie
getrennt zu werten - so lange nicht geklärt ist, ob ihnen die
Prothese einen Vorteil verschafft. Der IAAF-Kongress beschloss jedoch
kurz vor der WM in Peking, die Beweislast umzukehren. Demnach gelten
Prothesen per se als verbotene Hilfsmittel, »außer der Athlet kann
alle Wahrscheinlichkeiten abwägend begründen, dass ihm das
Hilfsmittel keinen Vorteil gegenüber anderen Athleten verschafft«.
Ist dieser Nachweis nicht erbracht, »kann er oder sie nicht an
Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen teilnehmen«, heißt es in
einem Schreiben der IAAF. Die neue Regel soll am 1. November 2015 in
Kraft treten.
»Die Umkehr der Beweislast ist wirklich schade und nicht sehr
fortschrittlich«, sagt Rehm gegenüber »nd«. »Ich habe mir das Tragen
einer Prothese nicht ausgesucht, vielmehr ersetze ich damit ein Bein.
Dass mir das vorgeworfen wird, ist nicht richtig. Hier wird eine
Chance vertan, unseren Sport voranzubringen, denn leider wird in uns
nur eine Gefahr gesehen.«
Kontinental- und Nationalverbänden sowie Meeting-Organisatoren
steht es zumindest frei, Athleten wie Rehm noch in getrennter Wertung
starten zu lassen. Der DLV und der Deutsche Behindertensportverband
(DBS) planen seit Längerem eine Untersuchung der Frage, ob eine
Prothese Vorteile bringt. Doch eine aussagekräftige Studie muss viele
Athleten einbeziehen und ist somit sehr teuer. »Selbst diesen
Nachweis zu erbringen, ist sehr schwer«, so Rehm. »Und selbst wenn
ich einen Partner finde, der mir dabei hilft, ist nicht klar, ob die
IAAF die Resultate auch akzeptiert. Ich muss mir erst mal Gedanken
machen, wie es weitergehen soll.«
Auch der DLV ist nicht begeistert von der Regeländerung. Für
Gerhard Janetzky, DLV-Präsidiumsbeauftragter für Inklusion und
langjähriger Chef des Internationalen Stadionfestes (ISTAF) in
Berlin, kommt sie einem Ausschluss von behinderten Athleten gleich:
»Den belastbaren Beweis zu erbringen, ist für sie nicht zu leisten.
Der Beschluss bringt uns zwar Klarheit, die Inklusion aber kein Stück
voran.«
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