(ots) - Jubel, Essen, Getränke und Spielzeug für die
Flüchtlinge - an den deutschen Bahnhöfen zeigt sich Deutschland von
seiner besten Seite. Kaum ein Politiker versäumt es, in Anbetracht
der großen Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung die gute, ja in
Europa einmalige »Willkommenskultur« in den höchsten Tönen zu loben.
Sicherlich sind die Regierenden froh, dass die freundlichen Helfer
die Tristesse von Erstaufnahmeeinrichtungen und Flüchtlingsheimen,
die Debatten um »Asylmissbrauch« und »Taschengeld«-Kürzungen und die
täglichen Angriffe auf Flüchtlinge vorübergehend vergessen lassen.
Derweil können sie selbst ihre eigene Auffassung von einmaliger
»Willkommenskultur« pflegen. So ist sich Bundeskanzlerin Merkel
bereits mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Orban einig, dass die
unbürokratische Weiterreise der tausenden Menschen aus Budapest am
Wochenende eine Ausnahme bleiben soll. Das muss man leider glauben,
denn bekanntlich schließt Ungarn derzeit nicht nur seine Grenze zu
Serbien - und damit eine der wenigen verbleibenden Fluchtrouten in
den Norden der Europäischen Union -, sondern stellt den nicht
erlaubten Grenzübertritt per Gesetz unter Strafe. Bevor sich also
künftig jemand gemäß den europäischen Vereinbarungen in Ungarn
registrieren lässt, ist er somit schon straffällig geworden. Statt
den ungarischen Kollegen an das Menschenrecht auf Asyl zu erinnern,
sorgt Merkel vor, um die deutsche »Willkommenskultur« in Zukunft
weniger zu strapazieren - ein in der Union alles andere als
einmaliges Bestreben.
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