(ots) - Hatte der Präsident des Bundesamts für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) "persönliche Gründe", wie es in der
offiziellen Mitteilung über seinen Rücktritt heißt? Oder hatte er
einfach genug davon, Prügelknabe zu sein? Oder war er, trotz des
Dementis seines Vorgesetzten, Bundesinnenminister Thomas de Maizière,
ein "Bauernopfer"? Es gibt viele offene Fragen in der Sache. Fest
steht: Der Rücktritt von Manfred Schmidt macht das Problem, mit dem
das BAMF und die Bundesregierung zu kämpfen haben, nicht leichter.
270 000 Asylanträge warten auf ihre Bearbeitung. 270 000 Menschen,
die ein Recht darauf haben zu erfahren, was mit ihnen geschieht,
stecken in der Warteschlange. Und die Zahl der Anträge steigt weiter.
Doch ist dieses Problem nicht allein einem Spitzenbeamten
zuzuschreiben, und genau genommen auch nicht dem Innenminister.
Schmidt und de Maizière haben schlicht genauso spät auf die
Entwicklung reagiert, wie es die gesamte Bundesregierung getan hat.
Freilich hat niemand ahnen können, wie viele Menschen exakt nach
Deutschland kommen werden. Aber spätestens mit dem Fortdauern des
Bürgerkriegs in Syrien hat sich erahnen lassen, dass das Thema Flucht
für die EU von zentraler Bedeutung für die kommenden Jahre, wenn
nicht Jahrzehnte sein wird. In Berlin hat man zu lange darauf
vertraut, dass dank der Dublin-Regelung die Verzweifelten weit vor
den eigenen Grenzen, in Italien oder Griechenland, landen und bleiben
werden. Das war naiv. Auf der Suche nach Verantwortlichen für die
Eskalation der Flüchtlingskrise in Europa müssten viele Köpfe rollen
- nicht nur in Berlin. Doch das hilft niemandem. Schmidts Rücktritt
muss als Chance für einen Neuanfang gesehen werden. Das BAMF braucht
noch mehr Personal. Die Asylverfahren müssen schneller und
effizienter werden. Und in Berlin muss klar sein, dass der
Innenminister nicht derjenige ist, der die Krise managt. Er scheint
ihr nicht gewachsen. Die Dimension verlangt ohnehin nach derjenigen,
die laut Verfassung die Richtlinien der Politik vorgibt: der
Kanzlerin.
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