(ots) - Auf den ersten Blick ist es verstörend: Die
EU-Kommission eröffnet wegen der Asylpolitik ein Verfahren gegen ein
Drittel der Mitgliedstaaten, auch Deutschland. "Tun wir denn nicht
schon viel mehr als die meisten anderen?", mag man sich empört
fragen. Dabei ist dieser Zug von EU-Kommissionspräsident Juncker
unmittelbar vor dem Flüchtlingsgipfel clever - und im deutschen
Interesse. So lässt die Kommission ihre Vorwürfe nach außen bewusst
vage: eine unzureichende Umsetzung der EU-Richtlinien. Das kann - und
soll - also für jeden Staat etwas anderes bedeuten. Ungarns rigorose
Abschottungspolitik widerspricht nämlich genauso den Verträgen der
Union wie Deutschlands vorübergehender Verzicht auf jegliches
Zurückschicken von Flüchtlingen. Die Regeln des Dublin-Abkommens
werden so zu Makulatur. Die EU-Kommission aber ist die Hüterin der
Verträge. Sie zeigt insbesondere den vier osteuropäischen
Mitgliedern, die sich dem Quoten-Kompromiss widersetzen, dass auch
die großen Staaten nicht unantastbar sind. Das System kann nur
funktionieren, wenn sich jeder an die Regeln hält. So sieht man es ja
auch in Berlin, also reagiert man dort gelassen.
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