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Mittelbayerische Zeitung: Städte brauchen Pläne / Die Urbanisierung schreitet weiter voran. Damit sie gelingt, kann man die Städte nicht sich selbst überlassen. Leitartikel von Martin Anton

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(ots) - Gestern veröffentlichte die Sparkasse
Regensburg ihren Immobilienreport. Wenig überraschend vermeldeten die
Forscher wachsende Preise für Wohneigentum und Mieten. Die hohe
Nachfrage nach Wohnraum treibt in vielen deutschen Großstädten die
Kosten nach oben. Bereits jetzt wohnen 75 Prozent der Deutschen in
Städten und es sollen noch mehr werden. So soll die Bevölkerung im
Großraum München in den kommenden 15 Jahren auf 3,25 Millionen
wachsen. Dieses Wachstum wird durch die aktuelle Migration noch
verstärkt. Die betroffenen Großstädte in Deutschland müssen nicht nur
neuen Wohnraum schaffen. Sie müssen Pläne für das künftige
Zusammenleben in der Stadt entwickeln. Es gibt grundsätzlich zwei
Gründe, warum Menschen in die Städte ziehen. Die einen wählen mit dem
Lebensraum Stadt bewusst eine Form von Lebensqualität, die ihnen das
Leben in ländlicheren Gegenden nicht bieten kann. Die anderen treibt
die Suche nach Arbeit, der Mangel an Perspektiven in die Städte. Die
erste Gruppe beeinflusst mit ihrem Geld und der Befriedigung ihrer
Bedürfnisse in besonderem Maße die Entwicklung der Innenstädte. Die
zweite Gruppe wird gelenkt von der Verfügbarkeit bezahlbaren
Wohnraums und Verdienstmöglichkeiten. Beide Gruppen brauchen Platz
zum Leben. Wohnungsbau heißt deswegen aktuell die Devise in vielen
Städten. Dabei werden selbst die teuren Neubauten für wohlhabende
Stadtbewohner in den Zentren zum Teil schnell in Billigbauweise
hochgezogen. Schließlich ist die Nachfrage da. Die Frage ist, wie den
Wohnbedürfnissen der ärmeren Stadtbewohner begegnet wird. In den
vergangenen Jahren ist der Soziale Wohnungsbau drastisch
zurückgefahren worden. Die bayerische Staatsregierung hat vor zwei
Jahren auf angeblichen Druck aus Brüssel die Wohnungsbaugesellschaft
GBW verkauft. Schnell stellte sich heraus, dass sie das erstens nicht




hätte tun müssen und dass es zweitens eine schlechte Idee war. Denn
gerade in Zeiten, in denen es immer mehr Menschen in die Städte zieht
und bezahlbarer Wohnraum immer weniger wird, können Sozialer
Wohnungsbau und kommunal verwaltete Immobilien helfen, die
Urbanisierung integrativ zu gestalten. Doch auch hier ist natürlich
Vorsicht geboten. Wenn nämlich in den Innenstädten kein Platz für
Neubau ist, erscheinen Wohnsiedlungen am Stadtrand, in der Zone
zwischen Zentrum und Vororten, als geeigneter Bauort. Ein Szenario,
in dem möglichst viele Wohnungen auf möglichst engem Raum für untere
Einkommensschichten gebaut wird, birgt die Gefahr, dass reine
Schlafsilos entstehen. Eine Urbanisierung aber, die arme Menschen
mangels Alternativen in Trabantenstädte außerhalb der Wohlfühlzonen
abdrängt, gefährdet den sozialen Zusammenhalt und verstärkt eine
Spaltung der Gesellschaft. Deswegen braucht es integrative
Urbanisierungskonzepte, die eine soziale Durchmischung anstreben. Wo
es möglich ist, muss auch im innerstädtischen Bereich neuer Wohnraum
entstehen, der für alle Einkommensschichten erschwinglich ist. Das
kann der Markt alleine nicht leisten. Wo ein Wachstum der Städte auch
in der Fläche nicht zu verhindern ist, müssen außerhalb der Zentren
neue Zentren entstehen, die alle Facetten des urbanen Lebens
widerspiegeln. Denn das "Recht auf Stadt", vom Soziologen Henri
Lefebvre in den 1960er Jahren formuliert und seitdem von Denkern,
Aktivisten und Organisationen ins Jetzt übetragen und verdreht,
erschöpft sich eben nicht im Vorhandensein günstiger Wohnungen. Es
geht um die gemeinsame Gestaltung und Nutzung des städtischen Raums.



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Datum: 24.09.2015 - 21:10 Uhr
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