(ots) - Streng genommen ist die SPD ein reiner
Männerverein. Jedenfalls, was ihre Vorsitzenden angeht. Die Partei
steht in der Tradition der Brandts, Scharpings, Lafontaines und
Schröders. Frauen? Fehlanzeige. Der amtierende Chef Sigmar Gabriel
will nun neue Wege gehen und Doppelspitzen von der untersten bis zur
obersten Führungsebene zulassen. Willkommen im Club, könnten Grüne
und Linke da sagen. Beide Parteien werden schon seit Jahr und Tag von
Doppelspitzen geführt. Ganz so revolutionär ist Gabriels Vorstoß
allerdings nicht, wie es im ersten Moment erscheint. Schließlich soll
kein Zwang herrschen. Wo sich kein Duo aus Frau und Mann anbietet,
bleibt alles beim Alten. Und die Möglichkeit, dass zwei Frauen das
Ruder übernehmen, wird in dem entsprechenden Antrag für den
SPD-Parteitag im Dezember sogar ausgeschlossen. Ein typischer
sozialdemokratischer Kompromiss eben. Doch was soll er bringen? Auf
Orts- oder Kreisebene der Partei gibt es tatsächlich öfter Probleme,
ehrenamtliche Vorsitzende zu finden. Könnte man sich die Arbeit
teilen, würde sich das vielleicht bessern. In den oberen Etagen
herrschen jedoch andere Gesetze. Da ist ein Unterbezirksvorsitz oft
gleichbedeutend mit dem Landtagsmandat oder sogar mehr. Erst recht
ganz oben. Das Ego von Sigmar Gabriel ist so stark ausgeprägt, dass
eine Co-Vorsitzende an seiner Seite unvorstellbar wäre.
Partei-Generalsekretärin Yasmin Fahimi leidet darunter praktisch
jeden Tag. Der Obergenosse hat sich also etwas gedacht, wenn er das
Freiwilligkeitsprinzip bei der geplanten Neuerung mit den Worten
beschwört, da solle keinem "etwas übergestülpt" werden - auch in
eigener Sache. Die Frauen in der SPD dürften Gabriels Reförmchen
trotzdem als Fortschritt empfinden und beim großen Vorsitzenden als
Pluspunkt verbuchen. Und vielleicht wird die Partei dadurch am Ende
ja wirklich weiblicher.
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