(ots) - Mitten hinein in die Welle der Gewalt in Nahost
wirkt das Treffen zwischen US-Außenminister John Kerry und Israels
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Berlin fast schon surreal.
Was gibt es zu reden, wenn zwischen Israel und den Palästinensern
doch nur die Sprache der Gewalt vorherrscht? Worüber kann verhandelt
werden, wenn Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erst vor vier Wochen
das 1993 vereinbarte Osloer Nahost-Friedensabkommen aufgekündigt hat?
Lassen sich in diesem eskalierenden Konflikt überhaupt Zeichen der
Hoffnung finden? Die aktuelle Lage bietet dafür keinen Anlass: Auf
Raketenangriffe aus dem Gazastreifen reagiert Tel Aviv mit Aktionen
der Luftwaffe. Der Tempelberg in Jerusalem ist zum zentralen
Schauplatz dieser unlösbar scheinenden Tragödie geworden. Schon rufen
israelische Zeitungen eine neue Intifada aus, die dritte. Die
Gesellschaft in Israel ist tief zertritten - wie reagieren auf die
neue Gewalt? Nur mit noch härterem militärischen Durchgreifen, wie es
Netanjahu derzeit tut? Viele Menschen haben da Zweifel. Und unter den
Palästinensern ist das Vertrauen in die Regierung Abbas inzwischen
ebenfalls gesunken. Die Hoffnung auf einen eigenen Staat, sie
schwindet immer mehr. Wenn nun dennoch der erfahrene US-Außenminister
Kerry von "vorsichtigem Optimismus" spricht, dann kann man das als
politischen Zweckoptimismus kleinreden. Man kann es aber auch vor dem
Hintergrund, dass es immer nur unermüdliche Verhandlungen waren, die
in der Vergangenheit scheinbar unlösbare Konflikte geschlichtet
haben, als ersten kleinen diplomatischen Erfolg werten. Man denke zum
Beispiel an die unendliche Geschichte des Iran-Atomabkommens. So
bleibt nach dem Berliner Treffen also immerhin festzuhalten: Sie
reden wieder - und sie wollen das auch weiter tun. Die Ankündigung,
dass schon am heutigen Freitag das Nahost-Quartett, bestehend aus den
USA, Russland, Europäischer Union und Vereinten Nationen, in Wien
zusammenkommt, unterstreicht eine Ernsthaftigkeit, die viel zu lange
gefehlt hat bei der schwierigen Suche nach einer Lösung dieses
schrecklichen Konflikts.
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