(ots) - Von Annette Ludwig
Das Bild, das die Bundesregierung - allen voran die Union - in der
Flüchtlingskrise abgibt, ist beschämend. Getrieben von immer
schlechter werdenden Umfragewerten arbeiten die eigenen Minister und
Teile der Union inzwischen offen gegen die Willkommenskultur der
Kanzlerin. Jetzt poltert nicht mehr nur CSU-Chef Horst Seehofer. Der
christdemokratische Innenminister Thomas de Mazière verkündet quasi
im Alleingang, dass der Familiennachzug für Syrer nicht mehr gelten
soll. Jetzt wird bekannt, dass er die Dublin-Verordnung für
Syrien-Flüchtlinge - im August aus humanitären Gründen ausgesetzt -
bereits im Oktober ohne das Wissen der Kanzlerin wieder in Kraft
gesetzt hat. Für beide Aktionen erhält er offene Unterstützung von
Parteikollegen. Die Kanzlerin aber schweigt. Ihre Sprecherin
versuchte gestern nur halbherzig, die Dublin-Angelegenheit
kleinzureden. Es sieht so aus, dass Angela Merkel die Kontrolle über
ihre Regierung verloren hat. Ganz rasant haben sich große Teile der
Partei und auch die Minister entliebt von ihrer Kanzlerin, die noch
vor ein paar Wochen als unantastbar, fast schon unersetzlich galt.
Unerbittlich zeigen sich hier die Mechanismen der Politik: Fallen die
Umfragewerte, bleibt die Unterstützung aus. Durch die Hintertür hat
Thomas de Mazière das Kommando in der Flüchtlingspolitik übernommen.
Vorbei an Angela Merkel und ihrem Flüchtlingskoordinator Peter
Altmaier hat er das Signal nach innen und nach außen gesendet, auf
das viele in der Partei und inzwischen auch viele Bürger gewartet
haben: Die Willkommenskultur in Deutschland hat Grenzen. Die
praktischen Auswirkungen des Dublin-Verfahrens werden zwar in
Deutschland vorerst gering sein. Aber die Rückkehr dazu soll
diejenigen abschrecken, die sich noch auf den Weg hierher machen
wollen. Unerschrocken und unnachgiebig hat die Kanzlerin ihre
Position in der Flüchtlingskrise vertreten. Menschlich und emotional
hat sie für ihre Willkommenskultur geworben. "Wir schaffen das", hat
sie mantra-artig wiederholt. Doch sie hat nichts dazu gesagt, wie es
gehen kann. Damit hat sie Vertrauen verspielt und das Zerwürfnis in
ihrer Partei und in der Regierung ausgelöst. Das Bild, das damit bei
vielen Bürgern, aber auch bei vielen freiwilligen Helfern entstanden
ist, signalisiert: So schaffen wir das nicht.
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