(ots) - Wer aus Höxter ein paar hundert Meter nach Osten
fährt, strandet auf einem orientalischen Basar. Dort kann er einen
Scherbenhaufen besichtigen. Der Haufen trägt einen stolzen Titel:
Weltkulturerbe. Diesen Ehrentitel muss man sich verdienen, und an
weltweit 1006 Orten in 161 Staaten legen sich die Menschen wirklich
krumm, damit ihre von der Unesco ausgezeichnete Stätte über Grenzen
hinweg erstrahlen kann. In Corvey hingegen, Weltkulturerbe Nr. 1007,
ist gemeinsames Handeln offensichtlich nicht möglich. Solche
Anstrengungen aber sind zur würdigen Präsentation des Westwerks der
karolingischen Abteikirche und der Siedlung, die 1265 unter
dramatischen Umständen wüst fiel (Civitas Corvey), völlig
unverzichtbar. Die Stadt hat nach jahrelangem Gezerre resigniert und
verweist auf leere Kassen. Der Kreis Höxter, ebenfalls zermürbt, mag
nicht in die Bresche springen. Der Herzog pocht auf seine Rechte als
Eigentümer, was zumindest ein paar fühlbare Investitionen erwarten
ließe, aber weit gefehlt: Immer noch deckt grüner Rasen die
unglückliche Civitas, kein Besucherzentrum weit und breit, nicht
einmal eine Baugrube wurde bisher ausgehoben. Das alte
»Dreizehnlinden«-Hotel nebenan bleibt wohl eine Ruine, die alten
Klostergebäude schreien nach Sanierung. Und die Kirche? Gibt den
Pilatus. Wäscht ihre Hände nicht in Unschuld, aber in Untätigkeit, in
der vagen Hoffnung, der Herzog werde es schon richten. Richten? Man
munkelt was von einem Wunsch nach neuen
Wesersandsteindächern . . . Fast hätten die
streitenden Parteien die Fördergelder des Bundes, vier Millionen
Euro, verfallen lassen. Pikiert zieht die CDU die Brauen hoch - das
böse Wort vom »türkischen Basar« stammt vom Kreistagspolitiker Josef
Lammers. Und die Unabhängigen Wähler drehen sich weg und wünschen dem
Herzog »viel Glück bei der Neuorganisation« - die moderne Wortwahl
für »Nu, da machd doch eiern Drägg alleene!« (Sachsens König
Friedrich August III. bei der Abdankung 1918). Viele Jahre lang hat
der Kulturkreis, in dem Stadt und Kreis und Herzog wirkten,
Bemerkenswertes geleistet. Guter Wille ist also vorhanden. Und jetzt,
wo internationale Maßstäbe angelegt werden müssen, soll Schluss sein
mit der Zusammenarbeit? Richtig ist, dass der Kulturkreis für die
Erledigung der von der Unesco geforderten Managementaufgaben nie
vorgesehen war. Das müssen Experten und PR-Profis in Angriff nehmen.
Ob der Herzog als Einzelkämpfer die richtigen Entscheidungen trifft?
Das Gebot der Stunde hätte lauten müssen: Packt die Sache gemeinsam
an. Zeigt aller Welt mit zündenden Ideen, dass Ostwestfalen in
Corvey Einzigartiges vorzuweisen hat. Stattdessen dräut neues
Unheil, sollte die Landesregierung oder womöglich gar die Unesco
Corvey auf die Finger klopfen müssen.
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Westfalen-Blatt
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Andreas Kolesch
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