(ots) - Juristisch ist die Sache klar: Der Oberste
Gerichtshof hat in einem Rechtsstaat das letzte Wort. Dass sich die
Opposition in Venezuela im Gegensatz zur Regierungsfraktion dem
Verdikt zur Aussetzung des Mandates dreier bzw. eines Delegierten
wegen mutmaßlichen Stimmenkaufs nicht beugte, sondern die besagten
Abgeordneten trotzdem vereidigte, ist ein Rechtsbruch. Das hatte
Konsequenzen: Das Parlament wurde vom Obersten Gericht als
beschlussunfähig erklärt. Politisch ist die Sache einfach und komplex
zugleich: In Venezuela wird der Machtkampf mit harten Bandagen
ausgetragen. Und so ließ es sich die regierende sozialistische PSUV
nicht nehmen, kurz vor der Neukonstitutierung des Parlaments die alte
Mehrheit zur Neuberufung von 13 der 32 obersten Richter zu nutzen,
bevor die Opposition mit der neuen Mehrheit zum propagierten
»Systemwechsel« anzusetzen versucht. Ein Versuch, der wiederum nur
dann mit Aussicht auf Erfolg gekrönt ist, wenn eine
Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament die Neubesetzung von zentralen
Institutionen ermöglicht. Und diese hängt an den drei Abgeordneten.
Mit seiner Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof die
venezolanische Opposition vorerst bei ihrem Versuch ausgebremst, zum
Sturm auf den Präsidenten Nicolás Maduro und die sozialen
Errungenschaften seit Regierungsantritt von Hugo Chávez 1999
anzusetzen. Das verschafft Maduro eine Atempause. Die muss er nutzen,
um den sozioökonomischen Niedergang zu stoppen.
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