(ots) - Die Warschauer Regierung hat sich echauffiert. Dass
die EU-Kommission in Polen die Rechtsstaatlichkeit gefährdet sieht,
scheint ihr ehrabschneidend. Dabei dürfte es keinen Zweifel an der
Verletzung europäischer Verträge durch die neue Staatsführung geben.
Die Einhaltung demokratischer Grundsätze ist in den Abkommen ebenso
fixiert wie die Meinungsfreiheit. Angst vor Maßregelung braucht
Warschau dennoch nicht zu haben. Im Rat der Regierungen, der über
Sanktionen entscheiden muss, findet Polen genügend Unterstützer -
jene Staaten, die sich ebenfalls von Brüssel gegängelt sehen. Es sind
auch nicht eingeschränkte Pressefreiheit und Gewaltenteilung durch
die polnische Führung, die Brüssel ins Dilemma bringen. Sondern die
darin manifestierte schleichende Renationalisierung bei
gleichzeitiger Missachtung europäischer Abkommen und Institutionen.
So tritt in der Flüchtlingsverteilung EU-Kommissionschef Juncker als
chancenloser Bittsteller auf, Großbritannien setzt eine Ausnahme nach
der anderen für sich durch, Ungarn ignoriert die Ordnungsrufe aus
Brüssel, Deutschland schert sich bei seiner Stabilitätspolitik nicht
die Bohne um die Meinung anderen Staaten - schon gar nicht um die des
EU-Parlaments. Trotzdem profitieren all diese Länder von Europa. Nur
sollte das bedeuten, auch dessen Grundsätze zu achten, wie sie
insbesondere in der Grundrechtecharta festgeschrieben sind. Das
solche Abkommen existieren, ist vielleicht der größte Wert der EU.
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