(ots) - Konservative britische Politiker waren schon immer
Meister im Zurechtbiegen des europäischen Gedankens. Bei dem, wovon
man in der EU profitiert, greift man zu. Bei dem, was man abgeben
soll, handelt man Rabatte aus. Premier David Cameron spielt mit der
Brexit-Drohung auf dieser Klaviatur. Das britische Vorbild macht
längst Schule: Was in besseren Zeiten als »Gemeinsames Haus Europa«
gedacht war, zerfällt wieder in einzelne Parzellen. Wegen der
Zuzugswelle werden zwischen diesen sogar Zäune und Stacheldraht hoch
gezogen. Freizügigkeit war gestern. Mag die EU als lockeres
Staatenbündnis irgendwie funktionieren - im Euroraum mit seiner
vertieften Integration klappt dies nicht. Vor allem die
Währungspolitiker wollen die auseinanderfallenden Staaten enger
zusammenschnüren. Die Franzosen lieber mittels einer
Wirtschaftsregierung, die Deutschen lieber mit noch brutaleren
Austeritätsverpflichtungen. Was beide eint: Monetaristischer
Sekundenkleber soll die fehlende Solidarität ersetzen. Eine
Zwangsintegration von oben kann aber auf Dauer keinen Bestand haben.
Dies sorgt nur für noch mehr Entfremdung nach dem Motto: »Die in
Brüssel machen, was sie wollen.« Ein Europa, das mehr als eine Summe
nationaler Egoismen ist, braucht kein Finanzministerium samt
technokratischem Fiskalrat, sondern ein starkes Parlament und mehr
direkte Beteiligung etwa über Europäische Bürgerinitiativen. Wenn
überhaupt, lässt sich Europa nur von unten bauen.
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